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Warum ein Grüner Türken abschieben will

Von Clemens Neuhold

Politik

Bundesrat Dönmez: "One-Way-Ticket" für alle Pro-Erdogan-Demonstranten.


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Wien. Seit Montag steht ein österreichischer Bundesrat, der türkischstämmige Efgani Dönmez (35), im grellen Licht der Öffentlichkeit - von Istanbul bis Innsbruck. Der Grün-Politiker hatte sich gegenüber der Gratiszeitung "Heute" dafür ausgesprochen, 5000 Demonstranten, die am Sonntag am Columbusplatz in Wien Favoriten für den türkischen Premierminister Erdogan auf die Straße gehen wollen, abzuschieben. "Schickt alle 5000 mit einem One-Way-Ticket zurück in die Türkei", sagte Dönmez und erntete einen Sturm der Entrüstung - und Applaus von der FPÖ. Kaum eine türkische Zeitung ließ sich den Sager entgehen.

"Bitte nicht bei uns"

Er spreche für viele türkisch-stämmige Österreicher, denen die Trennung von Religion und Staat sowie die heimischen Grundwerte ein wichtiges Anliegen seien, sagt Dönmez im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Diese Trennung sieht er durch türkische Kulturvereine in Gefahr, die eine "islamisch-konservative" Politik in Österreich "salonfähig" machen wollen. Diese "Hinterzimmer" der Erdogan-Partei AKP vertreten aus seiner Sicht ein gesellschaftliches Modell, das mit den österreichischen Grundwerten nicht vereinbar sei. "Wer diese Lebensform vertritt, kann sie gerne dort leben, wo sie gelebt wird. Aber bitte nicht bei uns", legt er nach. "Wenn die Moschee, der Supermarkt, der Friseur und die Schule in einem sind, fördert das die Abschottung. Das ist das Gegenteil von Integration."

Kenner der türkischen Community in Wien schätzen diese mehrheitlich als Erdogan-freundlich ein. Mit seinem Sager legte sich Dönmez nicht nur mit ihnen an, sondern auch mit der eigenen Partei. "Wir können nicht die Politik Erdogans kritisieren, der friedliche Andersdenkende mit Tränengas und Wasserwerfern bekämpfen lässt, und anderseits gleichzeitig Zwangsmaßnahmen für hier lebende Andersdenkende fordern", sagt der Grüne Bundesgeschäftsführer Stefan Wallner.

Vor einem im Raum stehenden Partei-Ausschluss hat Dönmez keine Angst. Er will die aus seiner Sicht "falsch verstandene Toleranz" der Grünen gegenüber dem konservativen Islam in Österreich aufbrechen und die Kritik daran "nicht immer nur den Rechten überlassen".

Den Einwand, dass Erdogan für viele Türken ein Befreier ist, weil er die repressive türkische Militärmacht beendete, lässt er nicht gelten. "Es hat Fortschritte gegeben, in der Wirtschaft, in der Kurdenfrage. Aber jetzt löst eine Repression die andere ab. Die Justiz ist bereits unterwandert."

Dönmez gehört zur muslimischen Minderheit der Aleviten. Spielt das eine Rolle? "Ich mache Politik für Grundwerte, nicht entlang von Religionen."