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Warum Großmütter Ministerinnen sind

Von Stephanie Dirnbacher

Wirtschaft

Schwierig, in der Privatwirtschaft Fuß zu fassen. | Koalitionspartner ÖVP "nicht einfach". | "Wiener Zeitung": Als Ministerin muss man sich vor Unternehmen oft rechtfertigen. Ab August dürfen Sie den Unternehmen etwas vorschreiben. Freuen Sie sich darauf?


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Karin Gastinger: Es ist weniger vorschreiben, sondern, dass wir gemeinsam mit den Unternehmen Lösungskonzepte erarbeiten.

Welches Insiderwissen wird Ihnen bei der Beratungstätigkeit besonders helfen?

Was ich habe und was sehr wenige Kollegen in der Beraterbranche haben, ist Insiderwissen aus der operativen Tätigkeit in der Verwaltung und auch aus einer sehr hohen strategischen Position. Ich kenne die politischen Vorgaben auf der einen Seite: Wie diese entstehen und wo man aufpassen muss. Und ich kenne auch die Arbeit von der Basis weg. Es gehen nicht viele Leute aus der Verwaltung in die Privatwirtschaft.

Warum?

Wer in der Verwaltung arbeitet, ist ein Mensch mit einem gewissen Sicherheitsdenken. Für mich war das jetzt auch ein großer Schritt. Du hast ein gewisses Sicherheitsdenken und nimmst dafür in Kauf, dass das Gehalt niedriger ist. Ich glaube, dass es auch nicht so einfach ist, wenn man aus der Verwaltung kommt, in der Privatwirtschaft Fuß zu fassen.

Die Verwaltung ist eine eigene Welt mit eigenen Spielregeln. Wenn ich eine Firma habe, kann ich mir einteilen, ob ich in der einen Abteilung mehr oder weniger Personen beschäftigen will. In der Verwaltung habe ich einen Stellenplan. Da kann ich nicht einmal als Justizministerin sagen, dass ich mehr Justizwachebeamten brauche. Das muss ich mit dem Finanzminister und mit dem Bundeskanzler ausverhandeln - und das ein oder zwei Jahre im Voraus. Genauso ist es mit dem Budget. Wenn ich in der Privatwirtschaft ein Projekt umsetze, brauche ich dafür nicht die Bundesregierung und den Nationalrat.

Wenn ich als Beraterin im öffentlichen Bereich Lösungen vorschlage, muss ich mir bewusst sein, dass es diese Rahmenbedingungen gibt. Und ich muss wissen, wie ich Argumente liefere, um diese Rahmenbedingungen zu ändern.

Und was müssen Sie für den Job noch lernen?

Vieles. Ich habe noch nie den Anspruch gestellt, die Allwissende zu sein. Gerade bei IT: Da werde ich sicherlich das eine oder andere dazulernen, auch bei den SAP-Lösungen. Außerdem werde ich mein Postgraduate-Studium, das ich in der Verwaltung berufsbegleitend begonnen habe, fertig machen - mit Public Management.

Wird es künftig stressiger oder weniger stressiger?

Anders. Mein Mann hat gesagt, es ist wurscht, was für einen Job ich mache - es wird immer stressig.

Sie haben sich unter anderem für die Beratung entschieden, weil die Arbeitszeiten familienfreundlich sind. Ist das heutzutage ein Privileg, wenn man Familie und Arbeit vereinbaren kann?

Ich glaube, es ist für Männer leichter. Es ist vom Rollenbild der Männer selbstverständlich, dass Männer Kinder haben und die Frauen auf die Kinder schauen. Ich glaube, dass es für Frauen nicht so einfach ist, Beruf und Familie zu vereinbaren. Aber das eine schließt das andere nicht aus. Es ist nur eine Frage des Zeitmanagements. Und ich glaube, dass kein Kunde zu kurz kommt, wenn er einen glücklichen Berater hat, der ein Familienleben hat, das ihm taugt, und ein Berufsleben hat, das ihm taugt.

Wäre Ihr jetziges Familienleben mit dem Job als Justizministerin nicht vereinbar?

Das wäre nicht möglich gewesen, obwohl ich dort auch sehr privilegiert war. Ich habe ja mein Kind mit gehabt im Büro. Das ist ein ziemlicher Stress. Man ist dort viel mehr fremdbestimmt. Es ist nicht umsonst, dass entweder die Frauen in der Großmütter-Generation jetzt Ministerinnen werden oder Frauen ohne Kinder.

Zurückblickend: Um welches Projekt, das sie als Justizministerin nicht durchgesetzt haben, tut es Ihnen am meisten leid?

Mein Familienpaket und die Gleichstellung von Homosexuellen. Das ist das, was zeitgemäß ist und wo die derzeitigen Regelungen nicht zeitgemäß sind.

Wird Ihre Nachfolgerin Maria Berger in diesen Punkten mehr Erfolg haben?

Meine besten Wünsche begleiten sie. Es wird natürlich mit dem Koalitionspartner nicht einfach sein. Wobei ich glaube, dass eine Einigung bei Patchwork leichter gehen wird, weil das auf breitere Akzeptanz stößt, während bei der Gleichstellung ... Da orte ich einzelne starke Befürworter in der ÖVP. Die Frage ist nur, ob die stark genug sind.

Glauben Sie, dass es bei Ihrer Beratertätigkeit wegen Ihrer ehemaligen Parteizugehörigkeit Probleme geben könnte?

Es wird sicher einen Einfluss haben. Ich glaube, es wird eher ein Vorteil sein - vor allem, wenn man im öffentlichen Sektor tätig ist. Der geht ohne Politik nicht.

Wie viel werden Sie verdienen?

Das beantworte ich nicht. Ich kann sehr gut davon le ben.