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Warum kommt der Kanzler erst jetzt darauf?

Von Heinz-Christian Strache

Gastkommentare
Heinz-Christian Strache ist Klubobmann der FPÖ.

Die Wohnkosten in Wien sind überhöht - also dort, wo die SPÖ die alleinige Entscheidungsgewalt hatte und hat.


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Wenn die Kern-SPÖ in den vergangenen Tagen das Thema der überhöhten Wohnkosten für sich entdeckt hat, so stelle ich mir schon die Frage: Warum kommt der Kanzler erst jetzt darauf? Was hat die SPÖ in den vergangenen zehn Jahren in der Regierung in diesem Bereich gemacht? Gut, wir hören das sehr oft: "Wir Sozialdemokraten wollten ja eh, aber die böse ÖVP hat halt immer geblockt!" Das wäre eine Erklärung. Wenn man leichtgläubig ist.

Wenn man nicht so leichtgläubig ist, könnte man auch sagen, dass die SPÖ dort, wo sie die alleinige Entscheidungsgewalt hatte und nach wie vor hat, auch nichts geändert hat: in Wien. Dort werden die Wohnkosten schon alleine durch die Betriebskosten massiv in die Höhe getrieben. Aber auch an der Mietpreisschraube wurde jahrelang eifrig gedreht. Diese beiden Faktoren ergeben zusammen eine massive Belastung für die Mieter. Mit "sozial" hat das Ganze nichts mehr zu tun. Aber der Bundeskanzler erkennt jetzt, drei Wochen vor der Wahl, die Notwendigkeit, dieses Thema politisch zu bespielen - mit klassenkämpferischen Tönen: "Schuld sind die bösen Miethaie."

Was Kern aber nicht dazusagt: Die Stadt Wien ist der größte Hausbesitzer Europas. Rund 220.000 Wohneinheiten sind im Eigentum der Gemeinde Wien. Aber nicht nur bei den Wohnungen hat diese die Nase vorne. Die meisten dieser Wohnhausanlagen werden von der Haus- und Außenbetreuung GmbH betreut. Mehrmals war dieses Unternehmen, das zu 100 Prozent der Stadt Wien gehört, schon in der Kritik. Aber auch bei den sonstigen Gebühren liegt der Kostendeckungsgrad im Schnitt bei 115 Prozent. Wenn man weiß, dass gerade die Betriebskosten der Inflationstreiber Nummer 1 in Österreich sind, dann erscheint diese SPÖ-Misswirtschaft in einem besonderen Licht.

Tatsache ist: Es wird zu wenig und zu teuer gebaut, die Wohnbauförderung ist an zu viele Bedingungen geknüpft und die Vorstandsgagen roter Genossenschaften sind ein Hohn: Anscheinend reicht nicht einmal das Äquivalent eines Sektionschef-Gehalts, sondern sie kassieren oft mehr als das Doppelte.

Die Deckelung der Mieten, wie die SPÖ dies jüngst im Parlament unvorbereitet und planlos durchboxen wollte, ist kein ernstzunehmender Vorschlag, sondern ein reflexhaftes Bedienen von Enteignungsfantasien. Damit wird man keinen leistbaren Wohnraum schaffen. Für eine echte und vor allem durchdachte Mietrechtsreform, die bei den Mietern auch spürbar ankommt und den Kostenfaktor "Wohnen" tatsächlich entlastet, ist die FPÖ jederzeit zu haben. Aber wir brauchen ein seriöses parlamentarisches Verfahren und Lösungen, die zu Ende gedacht sind. Denn wir wollen nicht, dass es zu einer Drosselung der Investitionen beziehungsweise zu einem Stopp beim Wohnungsneubau kommt. Die Gefahr besteht. Ein erster wichtiger Schritt zur Entlastung der Mieter wäre die ersatzlose Streichung der Mietvertragsgebühren - ein Prozent einer aus Miethöhe, Betriebskosten und Umsatzsteuer zusammengesetzten Bemessungsgrundlage - für Wohnraum. Diesen Vorschlag haben SPÖ und ÖVP aber gerade erst abgelehnt.