Expertenrunde sucht nach Auswegen aus dem Föderalismusdilemma.
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Wien. Immerhin, die Idee des Föderalismus scheint auch durch die österreichische Praxis nicht totzukriegen. Diesen Schluss lässt eine Diskussion von Donnerstagabend, die von der Initiative "Weis[s]e Wirtschaft" veranstaltet wurde, zu: Dass ein föderaler Staatsaufbau einen Beitrag zu einer kosteneffizienten und bürgernahen Demokratie leisten könnte, davon zeigte sich eine deutliche Mehrheit von Publikum und Podium überzeugt. Allein, die österreichische Variante von Föderalismus hinkt diesem Ideal weit hinterher.
Im Regierungsprogramm bekennen sich SPÖ und ÖVP - zum x-ten Mal - zu einer Entflechtung der Kompetenzverwirrungen zwischen Bund und Ländern, zu einer effektiven Mitwirkung der Länder an der Bundesgesetzgebung, konkret zu einer Stärkung, Verschlankung und Verbilligung des Bundesrats. Erreichen soll all dies eine Föderalismusreform-Kommission auf parlamentarischer Ebene.
Der Wirtschaftsforscher Hans Pitlik kritisierte die in Österreich verbreitete Skepsis gegenüber der liberalen Idee von Wettbewerb als Mittel zur Wohlstandsmehrung. Österreichs Staatsaufbau sei geprägt von "der größtmöglichen Entfernung vom Prinzip des institutionalisierten Wettbewerbs", entsprechend erweist sich die Finanzverfassung als stark zentralisiert. Mit Blick auf die Länder könne man deshalb von einem "System organisierter Verantwortungslosigkeit" sprechen, da die Landeshauptleute Leistungen verteilen, ohne für die Mittel der Pflicht zu stehen. Dies, so Pitlik, setze die falschen Anreize, da ein Meinungskartell der Landeskaiser jeden Versuch abblocke, Wettbewerbselemente zu stärken.
Dabei wäre die Einführung einer Fiskalautonomie für die beiden Finanzwissenschafter Anton Matzinger und Peter Brandner das einfachste Mittel, diese Dysfunktionalität zu brechen. Brandner etwa, der auch die Rolle des Gastgebers innehatte, setzt dabei auf Ebene der Gemeinden an; ein Wettbewerb zwischen den Kommunen würde so auch den Druck zu sinnvollen und kostensparenden Kooperationen erhöhen, wie dies bereits jetzt in Skandinavien der Fall sei, wobei Zwangszusammenlegungen von Kommunen nicht zwingend der Weisheit letzter Schluss sein müsse.
Ein unorthodoxer Vorschlag, wie die Selbstblockade der Politik aufgelöst werden könnte, kommt von Brandner: Warum statt der Länder nicht einfach Österreich auflösen? Die neun Gliedstaaten könnten dann um Aufnahme in die EU ansuchen, könnten kooperieren und konkurrieren nach Belieben. Und einen Vorteil hätte diese intellektuelle Provokation: Die Länder wären dank des EU-Fiskalpakts zu größerer finanzieller Disziplin und Solidarität untereinander verpflichtet, als dies jetzt der Fall ist.