Kein Feuer ohne Rauch, kein Rauch ohne Schadstoffe. | Die Gefahren des Passivrauchens werden überschätzt. | Wien. Raucher setzen sich einer Mischung von mehr als 4000 Chemikalien aus. Allerdings: "Bei ähnlichen analytischen Bemühungen würde man ähnliche Ergebnisse auch für den Rauch erhalten, der bei der Verbrennung etwa von Kohle oder sogar Eichenblättern und Gras entsteht, da der Rauch praktisch jedes organischen Stoffes bei unvollständiger Verbrennung auch geringe Mengen toxischer Verbindungen enthält", wie der Toxikologe Robert Nilsson (Universität Stockholm) erklärt.
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Freilich enthält der Rauch von Tabakpflanzen auch spezifische Bestandteile und Alkaloide, die in anderen Pflanzen nicht enthalten sind und die beim Inhalieren des Hauptstromrauchs (MS) zu rund 90 Prozent vom Raucher aufgenommen und damit für die Umwelt eliminiert werden, so Nilsson. Doch was bedeutet dies nun für die Toxikologie des oft zitierten "Passivrauchens" (ETS)? - Im Prinzip einen komplexen Prozess der Verdünnung auf eine sehr geringe Belastung, die - entgegen fälschlichen Behauptungen - durch Lüftung und geeignete Ventilationssysteme noch weiter hinlänglich reduziert werden kann.
Auch im ETS sind mehrere auf den Menschen wirkende Karzinogene, potenzielle (experimentelle) Karzinogene und krebsfördernde Substanzen enthalten, deren bloßes Vorhandensein aber - unter den gegebenen Umständen - laut Nilsson kaum eine aussagekräftige Vorbedingung dafür darstellen, ETS als auf den Menschen wirkendes Karzinogen einzustufen.
Alles krebserzeugend
Wäre Tabakrauch für die Umwelt tatsächlich so gefährlich, wie zunächst von den US-Gesundheitsbehörden behauptet und später weltweit als Faktum übernommen, so müssten neben Verbrennungsmotoren auch das Braten, Grillen und Frittieren verboten werden: Die dabei entstehenden Dämpfe enthalten gleichermaßen große Mengen karzinogener polyaromatischer Kohlenwasserstoffe (PAH), vor allem Benzo(a)pyrene (Bap), karzinogene Nitrosamine und eine Anzahl krebsfördernder Substanzen.
Ähnliche Karzinogene und Gifte können in oft beträchtlichen Mengen in vielen Lebensmitteln (Fleischprodukte, Fisch und Meeresfrüchte, Pilze, Erdnüsse etc) wie auch im (chlorierten) Trinkwasser enthalten sein und werden über den Verdauungstrakt aufgenommen. - Würde jemand zwei Stunden lang Hamburger auf einem Holzkohlenfeuer grillen und einen davon essen, würde er - je nachdem - die -zig bis vierhundertfache Bap-Menge aufnehmen, als wäre er zehn Stunden lang in einer massiv verqualmten Bar gewesen. Ein Beispiel dafür, wie exponiert Köche und Küchenpersonal, aber auch Gäste in der Nähe einer schlecht belüfteten Küche sind.
Zu bedenken ist freilich, dass die Menschheit seit einigen 100.000 Jahren das Feuer dazu nutzt, Lebensmittel genießbar zu machen, ohne an Lungenkrebs gestorben zu sein.
Fragwürdige Studien
Für den Tabakrauch soll dies dennoch nicht gelten, wie Studien immer wieder zu belegen versuchen. Bis heute krankt der Disput hierzu indessen daran, dass er unwissenschaftlich, unsachlich und emotional geführt wird sowie kritische Infragestellungen der Grundlagen von Entscheidungen durch Gremien bestenfalls ignoriert werden.
Der Epidemiologe Karl Überla (Universität München) hat wie kaum ein anderer sämtliche relevanten Studien zum Thema "Passivrauch" - so weit sie ihm zugänglich waren - überprüft, zog daraus seine Schlüsse und machte die entsprechenden Erfahrungen: "Wissenschafter, die nicht der jeweils herrschenden Meinung zustimmen, stehen leicht auf verlorenem Posten, weil sie nicht der jeweiligen political correctness entsprechen. Als Professor und Beamter habe ich aber zu Fachfragen mein unabhängiges Urteil abzugeben. Ich bin der wissenschaftlichen Wahrheit verpflichtet, auch wenn sie nicht gefällt."
Was seiner Kollegenschaft missfiel und ihm die übliche Unterstellung einbrachte, "von der Tabakindustrie finanziert zu sein", war das Fazit, zu dem er nach Tausenden Arbeitsstunden und - soweit möglich - akribischen Analysen gezogen kam: "Dass auf Basis der heute vorliegenden empirischen, epidemiologischen Evidenz ein kausaler Zusammenhang zwischen ETS und Lungenkrebs nicht hinreichend belegt und dass das Errechnen von Lungenkrebstoten durch ETS ein fiktives Unternehmen mit zweifelhafter Glaubwürdigkeit ist."
Manipulation
Nicht nur auf die Epidemiologie bezog sich Überla deshalb wohl in einem Vortrag, als er ausführte: "Als Wissenschafter darf man nur so weit gehen, wie die Fakten es tragen und darf die Daten nicht missbrauchen, um Ziele zu erreichen. Die in der Öffentlichkeit breit diskutierten Fälle von Manipulation und Betrug in wissenschaftlichen Studien sprechen eine deutliche Sprache. Die Irreführung der Öffentlichkeit über die Grenzen epidemiologischer Aussagen kann im Ergebnis nahe an den Effekt einer Manipulation von Daten und an Wissenschaftsbetrug heranreichen und ist grundsätzlich genauso zu beurteilen."