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Warum rechte Parteien immer wieder aufsteigen

Von Max Haller

Gastkommentare
Max Haller (geboren 1947 in Sterzing) war von 1985 bis 2015 Professor für Soziologie an der Universität Graz und ist seit 1994 Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. 2006 bis 2009 weilte er mehrfach zu längeren Aufenthalten an Universitäten in Lwiw, Kiew und Charkow, um die dortigen soziologischen Institute beim Aufbau von Curricula zu beraten. In der Folge arbeitete er den Plan für das Forschungsprojekt "The Ukraine - Working Toward National Identity and Integration" aus, für das leider keine Finanzierung gefunden werden konnte.
© privat

Man ist nur so stark, wie es der Gegner erlaubt.


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Es ist erstaunlich, dass rechtspopulistische Parteien sich trotz wiederholter Skandale in der Wählergunst immer wieder erfangen. So liegt die FPÖ trotz Desaster in Kärnten nach Jörg Haider und Heinz-Christian Straches Ibiza-Skandal in Umfragen in Österreich an erster Stelle. Selbst in Graz, wo vor kurzem ein interner Betrugsskandal der FPÖ-Spitzenfunktionäre zutage trat und sie geschlossen zurücktreten mussten, liegt die Partei mit der SPÖ gleichauf an der Spitze.

Für Ergebnisse dieser Art gibt es eine dominante Erklärung: In Zeiten von tiefer Wirtschaftskrise, extremer Inflation und starker Migration können rechte Oppositionsparteien mit fremdenfeindlichen und EU-kritischen Parolen bei Wählerinnen und Wählern punkten - auch, weil sie selber den Beweis einer erfolgreichen Alternativpolitik nicht antreten mussten. Bei all diesen Erklärungen wird ein Faktum übersehen, das in der Politik ebenso wie im Fußball mitentscheidend ist: Man ist nur so stark, wie es der Gegner erlaubt. Die (relative) Stärke der FPÖ auf Bundesebene ist auf diese Weise sehr einfach zu verstehen, nämlich aus der Schwäche ihrer beiden Hauptgegner. Die ÖVP stürzte nach dem unrühmlichen Abgang ihres messianischen Obmanns ab und schlittert seitdem von einem Skandal in den nächsten. Die SPÖ ist praktisch führungslos, da eine konsequente politische Linie der zweifellos integren Vorsitzenden nicht erkennbar ist und ein in seinem Bundesland erfolgreicher Parteifreund und Landeshauptmann ihr laufend die Führungsqualitäten abspricht.

Mit der Schwäche der Gegner war zum größten Teil auch der Aufstieg der rechten Regierung in Italien zu erklären. Die bei den vorletzten Wahlen stärkste Fünf-Sterne-Bewegung zerfiel in drei kleine schwache Parteien. In ihrer Folge und neben diesen tummelten sich noch weitere Parteien der linken Mitte, deren Führer (wie Matteo Renzi und Giuseppe Conte) vor allem auf den Aufbau einer eigenen Klientel hinarbeiteten und sich nicht einmal auf ein Wahlbündnis einigen konnten. In Frankreich ist der Aufstieg des Front National nicht zuletzt dadurch zu erklären, dass mehrere frühere Staatspräsidenten wegen Bestechung und illegaler Wahlkampffinanzierung verurteilt worden waren.

Es gibt einen Fall, der dieser These zu widersprechen scheint: Die deutsche CDU stürzte nach der Schwarzgeld- und Parteispendenaffäre des Langzeitkanzlers Helmut Kohl nicht ab, sondern konnte sich erholen und später für weitere eineinhalb Jahrzehnte das Bundeskanzleramt besetzen. Der Grund ist auch für Österreich sehr interessant: Eine CDU-Nachwuchspolitikerin attackierte Kohl frontal und verlangte eine radikale Abnabelung der Partei von ihm. Dieser durchaus riskante (weil gegen den Parteivorsitzenden erfolgende) Schritt, den Angela Merkel damals wagte, ist in der ÖVP noch ausständig. Mit der Berufung eines zentralen Masterminds von Sebastian Kurz in seinen Mitarbeiterstab hat der aktuelle Bundeskanzler und ÖVP-Chef genau das Gegenteil getan.