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Warum Schwarz wählen?

Von Walter Hämmerle

Leitartikel

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Warum wählen Menschen eine konservative, in diesem Fall eine christdemokratische Partei?

Höchstwahrscheinlich, weil sie nicht an den Staat als allein selig machende Institution glauben; ziemlich sicher auch, weil sie denken, dass Steuern zu zahlen in Ordnung ist, es bei der Höhe aber Grenzen des Zumutbaren gibt und es doch die - ökosozial abgefederte - Marktwirtschaft ist, die für unseren Wohlstand verantwortlich zeichnet; und schließlich auch, weil sie die Erosion traditioneller Werte, von der Familie bis zur Kirche, irgendwie mit Unbehagen erfüllt.

Mit einem solchen Politmix gewinnen und verlieren konservative Parteien quer durch Europa Wahlen. Je nach politischer Großwetterlage und vorhandenem Talent eben.

Nur für die ÖVP gilt dieses Gesetz vom ewigen Pendelschwung nicht. Die Volkspartei kennt, auf Bundesebene zumindest und abgesehen vom Jahr 2002, nur einen Weg - und der führt bergab.

Wenn Michael Spindelegger heute, Dienstag, den Intensivwahlkampf für seine Partei eröffnet, weiß er, dass er gegen den Absturz auf einen neuen Tiefstand ankämpft. Zwar sind die Chancen intakt, dass SPÖ und ÖVP gemeinsam über die 50-Prozent-Marke springen, gewiss ist das aber nicht. Bestehende Trends können sich in den letzten Tagen noch verstärken; umkehren lassen sie sich nur selten.

Zwar gelingt es der ÖVP nach wie vor, in Teilbereichen und Ländern Mehrheiten zu organisieren. Woran sie im Bund regelmäßig scheitert, ist die thematische Zuspitzung. Spindelegger würde gerne über die "Faymann-Steuern" reden, doch stattdessen beherrscht der Widerstand der Lehrer-Gewerkschaft gegen ein neues Dienstrecht die Schlagzeilen. Dem ÖVP-Obmann geht es dabei ähnlich wie dem Merkel-Konkurrenten Peer Steinbrück: Beide Herausforderer, obwohl vom Typ her die Unterschiede nicht größer sein könnten, würden dringend politische Beinfreiheit benötigen - der eine von der ÖVP, der andere von der SPD -, doch die Parteien halten ihre Kandidaten eng an der kurzen Leine.

Natürlich ist auch Kanzler Werner Faymann ein Gefangener heiliger roter Kühe. Aber weil sich alle Augen auf die Pannen des Herausforderers richten, genügt ihm wie Angela Merkel der größtmögliche Erfolg mit geringstmöglichem Aufwand. Nie war politische Bewegungslosigkeit wertvoller.