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Warum Sie fragen sollten, ob die Gondel rauffährt

Von Alexander U. Mathé

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Ab Betreten der Kabinenbahn befindet man sich in einer Grauzone.


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Ich habe kein Corona - trotz der gestörten Ungarn und Holländer. Bevor Sie jetzt darangehen, empörte Leserbriefe zu schreiben: Ich habe nicht behauptet, dass alle Ungarn und Holländer wuggi sind. Es handelt sich vielmehr nur um jene, die mit mir in der Skigondel gefahren sind. Während viele Eltern von Schulkindern ihren Skiurlaub noch vor sich haben, habe ich ihn nämlich schon hinter mir. Von daher kann ich berichten, dass die Maskenkontrollen in den Skiressorts zwar eine nette Sache sind (so sie überhaupt durchgeführt werden), aber in der Gondel vollkommen wertlos. Sobald sich die Türen schließen, zeigen die Insassen nämlich ihr wahres Gesicht. Da reißen sich dann einige sofort die Maske runter, oftmals vollkommen außer Atem von der gerade gefahrenen Piste und hechelnd wie Nachbars Lumpi. "Wenn es dir nicht passt, spring doch aus der Gondel", bekommt man dann schon einmal zu hören. Die, die das bei meinen Gondelfahrten getan haben, haben ausschließlich untereinander Ungarisch oder Holländisch gesprochen. Wobei ich bei dieser Gelegenheit einräumen muss, dass es auch gut Belgier gewesen sein könnten, von denen ich einige Autos auf dem Parkplatz gesehen habe. Und weil wir gerade dabei sind: Ja, die Ungarn könnten minderheitsmäßig auch Slowaken, Rumänen oder Ukrainer gewesen sein. Jedenfalls befindet man sich ab dem Betreten der Gondel in einer Grauzone. Dort gilt das Recht des Stärkeren. Aber wer will sich schon mit einem Maskenverweigerer prügeln?

Auf der Bergspitze angekommen, erklärt der Liftwart lediglich: "Da kann ich nichts machen, das musst du dir mit denen ausmachen." Doch als gelernter Wiener ist man darin geeicht, mit und in Grauzonen zu leben. Hilfreich ist da zuerst einmal die Identifizierung einer Gruppe, die sich üblicherweise an die Maskenpflicht hält - und das sind - wiederum persönlicher Empirie zufolge - die Österreicher. Auch mit Italienern und Deutschen habe ich auf diesem Gebiet gute Erfahrungen gemacht. Doch die Österreicher sind eben besonders aufgefallen, zumal jene über 40, die tatsächlich strikt FFP2-mäßig unterwegs sind und nicht teilweise mit lässig über den Pfrnak geschobenen Schlauchschals. Diese Leute gilt es, aus dem Pulk für eine gemeinsame Gondelfahrt herauszupicken. Das Aussehen siebt schon einmal das Gröbste aus: Michelin-Manderl-Look, Kunstpelzkragen, an die Kleidung angepasste Skifarbe. Den übrig gebliebenen potenziellen Mitfahrern stelle ich dann eine Frage, bei der jedes Österreicher-Herz zu einer Antwort gezwungen ist: "Entschuldigen Sie, fährt diese Gondel nach oben?" Müde und freundliche Österreicher sagen dann meist klassisch: "Jo, jo", "Jo eh" oder "Jo sicher". Grünes Licht also. Aber auch bei einem herzlichen "Trottl" oder "Na, in Kölla" steige ich freudig zu. Blicke ich hingegen in verständnislose Augen oder höre: "Kannst du sagen Frage nochmal?", dann passe ich. Sicher ist sicher.

P.S.: Nicht, dass ich an dieser Stelle Menschen auf dumme Gedanken bringen möchte, aber das mit dem "sicher" ist generell so eine Sache, wenn eine Person drei Skipässe kaufen kann, unter Vorlage der 2G-Nachweise, aber ohne dazugehörige Gesichter.