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In seinem Samstag-Kommentar fragte Christian Ortner provokant, ob man mit Schulden die Überschuldung von Staaten bekämpfen könne. Nun, die Antwort ist eindeutig nein. Aber warum verschulden sich Staaten überhaupt exzessiv? In erster Linie natürlich, weil Politiker wiedergewählt werden wollen.
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Da wurde der große Ökonom John Maynard Keynes, der nie für permanente Budgetdefizite und einen stetigen Anstieg der Staatsverschuldung eingetreten war, absichtlich missdeutet. Budgetdefizite wurden bewusst positiv dargestellt. Es ginge doch um den Abbau von Arbeitslosigkeit (Bruno Kreisky) und es sei nur fair, die Baukosten für langfristige Infrastruktur auf mehrere Generationen aufzuteilen. Tatsächlich wurden die Kredite überwiegend zur Finanzierung des staatlichen Konsums, des Sozialsystems und von Subventionen aufgenommen und damit zukünftige Generationen einseitig belastet.
Jene wurden belächelt, die die staatliche Schuldenpolitik mit der Schuldenmacherei von Privaten verglichen. Der Staat könne doch jederzeit Steuern erhöhen. Im Gegensatz zu Unternehmen könne ein Staat im Falle einer Insolvenz nicht aus dem "Firmenbuch" gestrichen werden. Vergessen wurde, dass Hochsteuerländer im globalen Standortwettbewerb nur noch geringen Einnahmenerhöhungsspielraum haben und die zunehmende Zinsenlast den budgetären Ausgabenspielraum abwürgt.
Banken mussten ihre Kredite an entwickelte Länder früher nicht mit Eigenkapital unterlegen, weil solche Ausleihungen risikolos wären. Diese Einschätzung herrschte noch in den ersten Jahren der Währungsunion vor, als alle Euroländer nahezu gleich niedrige Zinsen zu zahlen hatten. Die schwächeren Euroländer, die zuvor mit erheblichen Risikoaufschlägen konfrontiert waren, nutzten die niedrigen Zinsen für weitere Schuldenaufnahmen. Als die Finanzmärkte die Kreditkonditionen nach Bonität zu differenzieren begannen, brach die Verschuldungskrise aus.
Wie kann ein Überschuldungsproblem gelöst werden? Entweder durch Einsparungen und Einnahmenerhöhungen oder eine Insolvenz (Ausgleich), bei Staaten meist diskret Schuldenrestrukturierung genannt. Einen gewichtigen Unterschied zwischen Staat und Privaten gibt es doch: Der Staat kann sich auch mit Inflation entschulden. Um das zu verhindern, hat die EZB jüngst einen ersten Zinserhöhungsschritt getan.
Zu hoffen bleibt, dass es durch den Euro-Schutzschirm und die mit der EU und dem Internationalen Währungsfonds vereinbarten Sanierungsprogramme Griechenlands, Irlands und demnächst Portugals gelingen wird, die Verschuldungskrise zu meistern. Die größten Risiken stellen eine Konjunkturabschwächung und innenpolitische Widerstände gegen die Anpassungsprogramme dar.
Erhard Fürst war Leiter der Abteilung Industriepolitik/Wirtschaft in der Industriellenvereinigung.