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Warum Veränderungen scheitern

Von Sophia Freynschlag

Wirtschaft
Bei Kündigungen ist Fingerspitzengefühl gefragt. Foto: bb

Fast 60 Prozent der Change-Prozesse sind ein Misserfolg. | Unternehmenskultur häufige Ausrede. | Wien. Fast 60 Prozent der Veränderungs-Projekte in Unternehmen bringen nicht den gewünschten Erfolg, wie eine internationale IBM-Studie unter 1500 Befragten ergab. Eine fehlgeschlagene Veränderung kann teuer kommen: "Jene Mitarbeiter, die bleiben, machen Dienst nach Vorschrift oder haben innerlich bereits gekündigt", so Doris Gärtner, Leiterin des WIBK in Wien (Wissenschaftliches Institut für Beratung und Kommunikation).


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Scheitert eine Veränderung, sind die Ausreden oft die gleichen. Häufig wälzen Firmenchefs den Misserfolg auf die Mitarbeiter ab: Die Bequemlichkeit der Beschäftigten und die Angst vor Neuem hätten das Projekt zu Fall gebracht. "Veränderungen provozieren immer Widerstand", sagt Benedikt Lutz, Leiter des Lehrgangs Change Management an der Donau-Universität Krems. Eine Änderung muss Mitarbeiter emotional treffen, damit sie sich auf neues Terrain einlassen.

"Wenn ein Kunde sagt, was ihm nicht passt, wirkt das anders als die Analyse einer Kundenbefragung", sagt Manfred Höfler, Geschäftsführer der Infora Consulting Group.

"Es hilft nichts, wenn die Chefs in abgehobenen, kleinen Kreisen planen, ohne die direkt betroffenen Mitarbeiter miteinzubeziehen", warnt Höfler. "Wenn etwa beim Personal eingespart werden muss, sollten nicht quer über alle Bereiche Überstunden gestrichen werden, ohne vorher mit den Abteilungsleitern zu sprechen", so Gärtner.

"Keine schönen Reden"

Fingerspitzengefühl ist gefragt, wenn die Mitarbeiter über die geplanten Veränderungen informiert werden - besonders, wenn Kündigungen anstehen. "Führungskräfte können die harte Wahrheit vertragen. Gegenüber Mitarbeitern sollte man die Faktenlage vorsichtiger darstellen, da sie die tatsächlichen Konsequenzen oft nicht einschätzen können. So kommt es häufig mit gut gemeinten offenen Informationen zu völlig überzeichneten Horrorgerüchten", sagt Gärtner.

Viele Veränderungsprozesse scheitern auch, weil die Führungskräfte nicht dahinterstehen. Die Chefs müssen glaubwürdig sein, sagt Höfler: "Es hilft nichts, schöne Reden zu schwingen, wenn das eigene Verhalten beim Alten bleibt."

"Auch die Unternehmenskultur muss oft als Bösewicht herhalten", so Lutz. Nie zusammengefunden hätten etwa die beiden Autobauer Daimler und Chrysler, deren Fusion viel Geld kostete, aber nach zehn Jahren 2008 endgültig scheiterte. Bei Fusionen müssten sich die Mitarbeiter der beiden Firmen in einem Workshop kennenlernen. Auch ein rasches gemeinsames Erfolgserlebnis helfe.

Falsch ist es auch, das Projekt im Vorhinein monatelang bis ins kleinste Detail auszuarbeiten. "Die Verantwortlichen sollten nicht ihre ganze Energie in die Planung stecken, sonst vergessen sie vor lauter Analyse aufs Tun", sagt Höfler.