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Warum wählen künftig teurer wird

Von Werner Reisinger

Politik

Immer weniger Partei-Wahlbeisitzer: Bezirks- und Gemeindewahlbehörden erwarten künftig höhere Kosten.


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Wien. Viel Aufsehen wurde rund um die FPÖ-Wahlanfechtung um die Arbeit der Wahlbehörden auf den betroffenen Ebenen gemacht - von den Wahlleitern bis zu den Beisitzern der Parteien. In den öffentlichen Verhandlungen des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) gaben die als Zeugen geladenen Beisitzer und Wahlleiter ein recht unrühmliches Bild ab: Viel war die Rede von mangelnden rechtlichen Kenntnissen über den Wahlablauf, von Schlamperein und althergebrachten Gepflogenheiten.

In seinem Urteilsspruch am Freitag nahm der VfGH allerdings die Beisitzer in Schutz und lastete die Vergehen in den jeweiligen Fällen den Wahlbehörden, also auch den Wahlleitern an. Wie auch immer eine etwaige Reform der Wahlordnung, die am Freitag auch Bundeskanzler Christian Kern in Erwägung zog, aussehen könnte - für die jeweiligen Wahlbehörden ist es schon jetzt schwierig, genug Wahlbeisitzer zu erhalten, damit die Wahlkommissionen beschlussfähig sind. Deshalb fürchten die Gemeinden in Zukunft vor allem eines: hohe Kosten. Aber der Reihe nach.

Partei-Wahlbeisitzer kein Muss

Die Zusammensetzung und Handhabung der Wahlkommissionen regelt das Nationalratswahlgesetz von 1992. In Paragraf 8 ist die Anzahl der Kommissionsmitglieder festgelegt: Bezirks- und Gemeindewahlbehörden bestehen aus einem Vorsitzenden (in Bezirken ist dies der Bezirkshauptmann, in Statutarstädten und Gemeinden der Bürgermeister oder ein Stellvertreter) sowie neun Wahlbeisitzern. Auf Ebene der Wahlsprengel ernennt der jeweilige Bürgermeister einen Sprengelwahlleiter und drei Wahlbeisitzer.

Beschlussfähig ist die Wahlkommission auf Bezirks- und Gemeindeebene, wenn neben dem Vorsitzenden wenigstens die Hälfte der bestellten Wahlbeisitzer anwesend ist. Ausgenommen sind davon die Wahlsprengel, hier müssen, damit die Kommission beschlussfähig ist, der Vorsitzende und alle drei bestellten Wahlbeisitzer anwesend sein. Gemäß Nationalratswahlordnung obliegt es den Parteien, ihre Vertreter für die Wahlkommissionen vorzuschlagen.

Welche Partei Anrecht auf wie viele Wahlbeisitzer hat, wird aufgrund des letzten Nationalratswahlergebnisses auf der jeweiligen Ebene unter Anwendung des d’Hondtschen Höchstzahlverfahrens ermittelt. Kommen die Parteien dem nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist nach, werden keine Wahlbeisitzer der Parteien bestellt. Kurz gesagt haben die Parteien das Recht, Beisitzer vorzuschlagen, aber nicht die Pflicht. Und genau da liegt - davon ist jedenfalls der Österreichische Gemeindebund überzeugt - das Problem.

Gemeinden tragen die Kosten

Bis vor kurzem sei die Gesamtzahl der von den Parteien gestellten Beisitzer immer recht groß gewesen, sagt der Sprecher des Gemeindebundes, Daniel Kosak. Doch die Parteien hätten immer größere Schwierigkeiten, ausreichend Personen zu finden, die sich als Wahlbeisitzer zur Verfügung stellen. Es sei absehbar, dass diese Tendenz sich künftig noch steigern wird, ist Kosak überzeugt. Die Mindestzahl an Beisitzern muss jedoch erreicht werden, sonst ist eben die Beschlussfähigkeit nicht gegeben. Gibt es zu wenig Beisitzer seitens der Parteien, ist der jeweilige Wahlleiter verpflichtet, die mindestens notwendige Anzahl an Personen anderweitig zu organisieren - in der Regel wird auf Gemeindebedienstete zurückgegriffen. Für die Gemeinden bedeute dies erhebliche Mehrkosten, sagt Kosak. Schließlich handle es sich um Sonntagsdienste, die aus der Gemeindekasse bezahlt werden müssen. "Wenn die Parteien nun zu wenige nominieren und es auch sonst nicht gelingt, freiwillige Beisitzer zu organisieren, wird den Gemeinden nichts anderes übrig bleiben, als Mitarbeiter heranzuziehen und so noch mehr Geld für die Wahlen aufzuwenden", sagt Kosak.

In manchen kleinen Gemeinden könnte aber selbst das ein Problem werden. Kosak: "In meiner Heimatgemeinde gibt es sechs Leute in der Verwaltung und drei Sprengel." Macht zusammen neun Wahlbeisitzer - die Gemeinde könnte also im schlimmsten Fall die notwendige Anzahl an Beisitzern aus den Reihen der Gemeindeverwaltung nicht zur Verfügung stellen. Kosak: "Wir müssten auf den Bauhof oder auf Kindergarten-Bedienstete zurückgreifen."

Forderung nach Entlohnung

Bei der nun stattgegebenen Wahlanfechtung liege der spezielle Fall vor, dass bei der Stichwahl zwar ein Unabhängiger und ein FPÖ-Kandidat zur Wahl standen, die Beisitzer aber aufgrund des Wahlgesetzes zum großen Teil auf SPÖ und ÖVP entfallen würden, erklärt Kosak. Dies hätte die Bereitschaft der Parteien, Wahlbeisitzer zu stellen, nicht gerade erhöht. Kosak fordert daher, die zur Wahl stehenden Parteien künftig gesetzlich zu verpflichten, ausreichen Beisitzer zur Bestellung vorzuschlagen, - "oder Mittel zur Verfügung zustellen, um entweder die Mehrstunden der Gemeindebediensteten zu bezahlen".

Auch ein Extrabudget für die Bezahlung von freiwilligen Beisitzern sei zu überlegen. Schon jetzt würden die Gemeinden auf den Kosten der Briefwahlstimmen von rund sieben Millionen Euro sitzen bleiben, so Kosak.

"Demokratie muss etwas kosten", sagt der ehemalige ÖVP-Klubdirektor und jetzige Präsident des Instituts für Parlamentarismus und Demokratiefragen, Werner Zögernitz. Er schlägt vor, den Wahlbeisitzern der Parteien für die Wahltage eine Entlohnung auszubezahlen - im besten Falle genauso viel, wie Gemeindebedienstete für die Mehrstunden bekommen würden. Dies würde die Bereitschaft erhöhen und hätte gleichzeitig einen demokratiepolitischen Bildungseffekt, sagt Zögernitz.