Der Gastkommentar von Herbert Kohlmaier ("Die Männer im Vatikan begehen Verrat an Jesus") war ein Dokument voller Zorn und Beleidigungen. Wenn sich der Autor auf Jesus berufen und wirklich in der Kirche sein will, darf er sich nicht so von Vorurteilen, ja Hass, treiben lassen.
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Der Glaube kommt vom Hören; Jesu Auftrag kommt zu uns durch Tradition und Geschichte hindurch. Der "Gehorsam" des Glaubens ist Gott geschuldet, Gott aber ist nicht so, wie man ihn gerade haben möchte, und ähnlich gilt das für die Kirche. Den Glauben zu fördern, ist Sinn und Zweck aller Autorität in der Kirche. Die Autorität der Schrift und des Glaubens der Apostel muss lebendig bleiben, geschützt und vertieft werden. Sonst ist der Glaube weit weg von den Menschen, weltfremd und unmenschlich.
Mag es mitunter schwer sein: Die Einheit der Gläubigen und die Wahrheit des Glaubens gibt es nicht ohne die Autorität (in) der Kirche. Ein hoher Preis, aber es ist ihn wert. Wenn man ehrlich und mit Liebe auf die Kirche schaut, entdeckt man sogar, dass es in ihr weit mehr Freiheit und Selbständigkeit gibt als anderswo. Die Wahrheit freilich ist nicht per Mehrheitsbeschluss zu finden, sondern immer neu zu suchen und zu verkünden (vgl. Vatikanum II, Gaudium et spes 4) - genau das ist Aufgabe des Papstes und seiner Mitarbeiter. Die Kirche ist natürlich viel mehr als der Vatikan, aber ohne und gegen den Papst gibt es keine katholische Kirche.
Beleidigungen und Schlagwörter helfen nicht weiter. Wer anderen Arroganz vorwirft und sich als fortschrittlich ausgibt, muss sich fragen lassen, ob er die eigenen Abhängigkeiten kennt und eine Ahnung davon hat, welchen Sinn Tradition und Überlieferung haben und wie sehr heute Personen gefragt sind, die Leitung wahrnehmen, in allen Lebensbereichen, auch in der Kirche. Es gibt nicht etwa ein Gleichgewicht zwischen Fortschritt und Tradition, sondern nur Fortschritt aus der Tradition. Auch in der Kirche muss es Führung geben und sie muss wahrgenommen werden, und dafür hat der Papst seine Kurie.
Eine Kirche ohne verbindenden und verbindlichen Glauben, ohne päpstliche Autorität und Leitung, kann sich ein Katholik nicht wünschen. Sich "mit Selbstbewusstsein verweigern" ist kein schlaues Programm und kein guter Beitrag zur notwendigen kirchlichen Erneuerung. Vielmehr gilt es sich auf die Stärken der Kirche zu besinnen. Bei der Treue zum Evangelium, beim kirchlichen Leben und Engagement, in der gesellschaftlichen Auseinandersetzung - in keinem dieser Bereiche braucht sich die katholische Kirche zu verstecken, eingeschlossen sogar die Aufarbeitung sexueller Gewalt. Christus wollte eine bleibende, lebendige, weite und menschengerechte Gemeinschaft der Gläubigen: seine katholische Kirche, samt dem für sie wesentlichen Papst.
Die Erneuerung muss tief ansetzen und gelingt nur durch "Lieben in Tat und Wahrheit" und echtes Umdenken aller, wie wir direkt bei Jesus hören: "Gleicht euch nicht dieser Welt an!" und "Kehrt um!"
Hans Feichtinger ist Priester des Bistums Passau. Seit 2004 arbeitet er an der römischen Kongregation für die Glaubenslehre im Vatikan.