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Was alle machen, ist längst noch nicht korrekt Die Causa Graf hinterlässt nur Verlierer

Von Walter Hämmerle

Analysen

Die Affäre stellt alle Beteiligten in ein ungünstiges Licht. Da wäre zunächst einmal Martin Graf selbst, aktuell Dritter Nationalratspräsident. Strafrechtlich scheint auf den ersten und zweiten Blick tatsächlich nichts an den Vorwürfen dran zu sein. Als Manager der Austrian Research Centers Seibersdorf zeichnete sich dieser nämlich lediglich als Mann mit ausgeprägten Nehmerqualitäten aus - und zwar auf Kosten der Steuerzahler. | Die kolportieren 270.000 Euro, die Graf bei seinem Abschied im Oktober 2006 kassiert haben dürfte, sind gerade für einen Vertreter einer Partei der selbsternannten Asketen, wenn es um öffentliche Mittel geht, keine Kleinigkeit. Dass er offensichtlich rechtlich Anspruch auf das Geld gehabt hat, ändert an dieser politischen Bewertung kein Jota. Nicht alles, was recht ist, ist eben auch billig.


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Dann wäre da die Staatsanwaltschaft. Auch sie erstrahlt in dieser Causa nicht gerade in gleißendem Heldenlicht. Dass die Justizbehörde wegen Verdachts der Untreue und der fahrlässigen Krida in dieser Causa mehr als zwei Jahre ermittelte, erst jetzt aber Graf persönlich mit den Vorwürfen konfrontierte, mag aus Behördensicht argumentierbar sein, der Normalbürger darf sich aber sehr wohl wundern.

Und dann ist da noch die Sache mit der politischen Kultur. Wieder einmal wird ein bezeichnendes Sittengemälde über die Zustände in Unternehmen des öffentlichen und halb-öffentlichen Sektor an die Wand geworfen. Seibersdorf steht hier nur stellvertretend für viele andere Einrichtungen, die von Politikern aller Couleurs, sofern sie nur an die Schalthebel gelangen, zur Versorgung von Parteigängern missbraucht werden.

Graf verdankte seinen Ein- und Aufstieg in Seibersdorf der Machtübernahme der FPÖ im Infrastrukturministerium. Die Mannen der Vorgänger mussten weichen oder wurden entmachtet. Dasselbe widerfuhr mit fast naturrechtlicher Selbstverständlichkeit den blauen Seilschaften nach der Rückkehr des Ministeriums in den Schoß der SPÖ. Um kein Missverständnis aufkommen zu lassen: Keine Partei ist hier frei von Schuld, es sei denn, sie hat sich noch nie mit Macht- und Einflussfragen die Finger beschmutzt.

Graf hatte natürlich jedes Recht, sich über seine - tatsächlich widerrechtliche - Kündigung nach Kräften zu wehren und das Beste für sich - ökonomisch gesprochen - herauszuholen. Die politische Bewertung wurde bereits angesprochen.

Und dann gibt es noch die Ebene der Moral jenseits der Politik. Hier könnte man argumentieren: Wer dank Partei-Seilschaften auf Kosten anderer aufsteigt, kann sich nicht beschweren, wenn er, ändern sich die Machtverhältnisse, ebenso abgesägt wird, wie es seinen Vorgängern widerfuhr. Sich das dann auch noch finanziell üppig abgelten zu lasen, ist in diesem Fall nur deshalb okay, weil es in Österreichs politischer Kultur halt alle so halten. Korrekt ist das aber wohl kaum.