EZB nimmt alle Großbanken - auch Raiffeisen - unter die Lupe.
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Wien. Der Chef der Raiffeisen-Organisation Österreichs, Walter Rothensteiner, sieht bei der auf Osteuropa spezialisierten "Raiffeisen Bank International" (RBI) "keine dringende Partnersuche". Damit "dementiert" der kluge Raiffeisen-Chef zwar eine Behauptung, die niemand aufgestellt hat, erspart sich damit aber auch eine - nach Börseregeln sonst fällige - lästige Ad-hoc-Meldung.
Wie die "Wiener Zeitung" in der jüngsten Wochenend-Ausgabe und der "Standard" in der Dienstag-Ausgabe berichteten, benötigt die Raiffeisen-Bankengruppe Kapital. Die qualifizierte Rede ist von zirka fünf Milliarden Euro, und zwar quer über den in drei Stufen organisierten Marktführer in Österreich.
Die Primärstufe: Raiffeisenbanken, die zum Großteil als Genossenschaften organisiert sind, wollen sich künftig der "Schwarmfinanzierung" bedienen, und pro Genossenschaft bis zu 750.000 Euro Anteile ohne Prospekthaftung verkaufen. Das ist im seit Juni geänderten Kapitalmarktgesetz möglich - eine politische Meisterleistung Raiffeisens.
Die Raiffeisen Landesbanken, im Eigentum der Primärbanken, weisen in den aktuellen Geschäftsberichten allesamt darauf hin, dass Kapitalstärkung ansteht. Insider sprechen vom Verkauf von Beteiligungen (vor allem in OÖ und NÖ) und einer Reduzierung risikoreicherer Geschäfte. Sie bestehen aber auf Dividendenzahlungen der RZB.
Das Spitzeninstitut RZB, die im Eigentum der Landesbanken steht, hält zu 80 Prozent das Raiffeisen-Schwergewicht RBI. Die börsenotierte Bank wird derzeit vom Markt mit vier Milliarden Euro bewertet. Angedacht ist intern, die Mehrheit an der Bank aufzugeben, 50 Prozent könnten verkauft werden. Denkbar ist auch ein Teilrückzug aus Osteuropa, bis hin zum Verkauf von Tochterbanken dort. Der neue RBI-Chef Karl Sevelda sprach von kommenden Einsparungen in "dreistelliger Millionenhöhe".
Auch Uniqa braucht Kapital
Auch bei der bevorstehenden Kapitalerhöhung bei der Uniqa-Versicherungsgruppe, an der allein die RZB 45 Prozent hält, wird Raiffeisen wohl nicht mitziehen. Mit einer dazwischen geschalteten Wandelanleihe" gewinnt der Sektor zwar Zeit, aber auch hier rechnen Insider damit, dass die Mehrheit an der Assekuranz aufgegeben wird.
Insgesamt also - wie berichtet - dürfte sich generell die Struktur des größten privaten Arbeitgebers des Landes in den kommenden Jahren sichtbar verändern. Welche Auswirkungen dies auf die mannigfaltigen Sponsoring-Tätigkeiten haben wird, traut sich derzeit niemand einzuschätzen.
EZB soll sich beeilen
Dazu kommen zwei weitere Prüfungen: Die Europäische Zentralbank wird ab Herbst alle künftig zu prüfenden Institute (also auch Raiffeisen) einem "asset quality review" unterziehen. Das Kreditengagement wird genau durchforstet. Aus Kreisen des Währungsfonds, der kürzlich Österreich prüfte, wird es für möglich gehalten, dass es dabei zu weiteren Risikovorsorgen kommen könnte. Die deutsche Aufsicht BaFin hat die EZB diesbezüglich am Dienstag zur Eile gemahnt.
Und Raiffeisen muss auch mit der Finanzmarktaufsicht eine konsolidierte Bilanz vereinbaren, um einen Teil des Eigenkapitals künftig einrechnen zu können.