15 Krankenfürsorgeanstalten für Beamte von Wien bis Tirol werden bei dem Reformvorhaben nicht einmal erwähnt.
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Wien. Mit Trauerkundgebungen von Gewerkschaftern und Bediensteten von Gebietskrankenkassen in den Bundesländern erreichte der Protest gegen die von der ÖVP-FPÖ-Bundesregierung paketierte Reform der Sozialversicherung zum Ende der Begutachtungsfrist vorerst einen Höhepunkt. Während damit 21 Sozialversicherungsanstalten künftig zu fünf Einrichtungen fusioniert werden, blieb in der hitzigen Auseinandersetzung der vergangenen Monate praktisch unerwähnt, dass es daneben noch 15 weitere Kassen gibt und weiterhin unangetastet geben wird: die sogenannten Krankenfürsorgeanstalten (KFA) für Beamte und Bedienstete einzelner Städte sowie Lehrer etwa in Oberösterreich mit teils viel günstigeren Sonderregelungen.
Insgesamt sind bei diesen 15 Einrichtungen für öffentlich Bedienstete, deren Existenz Sozialversicherten bisweilen nicht einmal bekannt ist, rund 250.000 Personen mit ihren Angehörigen versichert. Die mit Abstand größte ist die Krankenfürsorgeanstalt für Bedienstete der Stadt Wien, die laut den der "Wiener Zeitung" vorliegenden Daten 2017 rund 83.000 Versicherte - ohne Angehörige - aufwies. Jene der Stadt Baden, die mit Wien kooperiert, bringt es hingegen nur auf rund 250 Versicherte.
In Oberösterreich sechs Kassen für öffentlich Bedienstete
Allein in Oberösterreich gibt es sechs solche Kassen: in den Statutarstädten Linz, Wels und Steyr sowie je eine für Landesbeamte, Gemeindebedienstete und Landeslehrer in Pflichtschulen. In Tirol sind es drei für Landesbeamte, Gemeindebedienstete sowie Landeslehrer. Weitere sind in Graz, Salzburg und Villach.
Was Experten und dem Hauptverband an deren Sonderrolle sauer aufstößt, sind die Leistungsunterschiede mit Topkonditionen für KFA-Versicherte. Während es bei der Gebietskrankenkasse bei Zahnimplantaten keinen Zuschuss gibt, sind es bei der KFA Wien bis zu 700 Euro, für Gemeindebedienstete in Oberösterreich 550 Euro. Finanziell profitieren die KFA davon, dass es sich um Beitragszahler ohne hohes Kündigungsrisiko handelt. Bei der Rückerstattung für verordnete Massagen gibt es im Bereich der Gebietskrankenkassen je Massage zwei Euro. Bei den KFA sind es bis 350 Euro pro Jahr im oberösterreichischen Gemeindedienst.
Dabei begründet die Regierung die Kassenfusionen - die neun Gebietskrankenkassen werden zu einer Gesundheitskasse zusammengelegt - speziell mit dem Argument, es solle für gleiche Beitragszahlungen auch eine Harmonisierung der Leistungen geben. Umso mehr stoßen sich Kritiker wie die Neos daran, dass die KFA außen vor bleiben. Auf Regierungsseite wird betont, Eingriffe bei den Krankenfürsorgeanstalten seien ohne Verfassungsänderung nicht möglich.
Allerdings kommen im Pakt der generell fusionswilligen Regierungsparteien die KFA nicht einmal vor. Das ist durchaus im Sinne der starken ÖVP in Oberösterreich und Tirol. Gleichzeitig bleibt damit etwa auch die Krankenfürsorgeanstalt für die Gemeindebeamten im SPÖ-dominierten Wien tabu.
Der Fortbestand der Sonderrolle der Krankenfürsorgeanstalten fällt aus einem Grund noch mehr auf. Es gibt ohnehin eine Beamtenversicherung, die vor allem für die Beamten im Bundesdienst zuständig ist. Diese bleibt auch nach den Kassenfusionen als eigenständige Kasse erhalten und ist dann eine von fünf Sozialversicherungsinstitutionen. Im Zuge einer Fusion wird dort lediglich die Versicherungsanstalt der Eisenbahner eingegliedert.
Sonderrolle der Beamtenversicherung bleibt
Eine Folge ist: Ausgerechnet in der Krankenversicherung bleibt trotz der von der Regierung beschworenen Harmonisierung des Leistungsrechts eine Kluft zwischen ASVG-Versicherten und Beamten. Hingegen ist bei den künftig fusionierten Gebietskrankenkassen über Betreiben des Hauptverbandes der Sozialversicherung in den vergangenen Monaten bereits eine weitgehende Vereinheitlichung der Leistungen vorgenommen worden.
So wurde zuletzt der nachträgliche Kostenzuschuss zur Psychotherapie mit September auf 28 Euro vereinheitlicht. Die Mehrkosten für eine Vereinheitlichung auf dem höheren Beamtenniveau werden wiederum als Grund ins Treffen geführt, warum die Beamtenversicherung eigenständig bleibt. Auch die Unterschiede zu den zusammengelegten Versicherungsanstalten für Gewerbe und Bauern werden nicht angetastet.
Am Freitag hat ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian weitere Proteste gegen die Sozialversicherungsreform der Regierung und die Kassenfusion angekündigt. Der Rechnungshof hat zwar in bemerkenswerter Schärfe die Regierungspläne kritisiert. Die angegebenen Einsparungen von einer Milliarde Euro seien für das Kontrollorgan nicht nachvollziehbar. Man solle das "Spiel mit Zahlen" beenden. Der ÖGB-Chef fordert einen "Neustart" und Verhandlungen. Er befürchtet aber, dass die Regierung auch die Rechnungshofmahnung vom Tisch wischen werde. Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) versprach, "konstruktive, positive Vorschläge" wolle man bis zum Beschluss einarbeiten.