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Was beim Islamgesetz strittig ist

Von Daniel Bischof

Politik

Verschärfungen sorgen bei Begutachtung für Debatte. Religionsrechtler analysiert die Bruchlinien.


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Mit harscher Kritik, aber auch mit Lob wurde die geplante Verschärfung des Islamgesetzes bedacht. Der Gesetzesentwurf ist Teil des Anti-Terror-Pakets, das nach dem Wiener Anschlag am 2. November von der türkis-grünen Bundesregierung geschnürt wurde. Am Dienstag endete die Begutachtungsfrist. In den rund 30 Stellungnahmen finden sich höchst verschiedene Meinungen.

Die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ) ortet "gravierende und nicht akzeptable Eingriffe in das Grundrecht auf Religionsfreiheit und in die inneren Angelegenheiten" der Glaubensvertretung. Islamwissenschafter Ednan Aslan begrüßte den Entwurf hingegen. Er verspreche in mehrfacher Hinsicht Verbesserungen. Die "Wiener Zeitung" analysiert mit dem Religionsrechtler Stefan Schima von der Uni Wien die strittigen Punkte.

Einblick in Finanzen

Islamische Religionsgesellschaften müssen dem im Bundeskanzleramt angesiedelten Kultusamt künftig Einblick in ihre Finanzen gewähren. Sollten sie dem nicht nachkommen, drohen Geldstrafen von bis zu 72.000 Euro. Dadurch will die Bundesregierung eine effektive Kontrolle des Auslandsfinanzierungsverbots sicherstellen. Es sieht vor, dass die "Aufbringung der Mittel" für die Tätigkeiten der islamischen Gesellschaften im Inland zu erfolgen hat.

Einerseits sehe er das Verbot kritisch, da es in innere Angelegenheiten der Religionsgemeinschaften eingreife, sagt Schima. Anderseits müsse das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs aus dem März 2019 berücksichtigt werden. Das Höchstgericht hielt fest, dass das Verbot die Autonomie der Gemeinschaften vor Einwirkungen anderer Staaten und deren Einrichtungen sichere: Es erweise sich insofern "als sachliche Regelung".

Daher sei es wohl auch rechtmäßig, wenn dieses Verbot nun durch die Vorlagepflichten präzisiert wird und kontrolliert werden kann, erklärt Schima. Er geht daher davon aus, dass "in diesen Belangen vom Verfassungsgerichtshof nicht viel Widerstand zu erwarten ist".

Register für Imame

Für Debatten sorgt auch das geplante "Imam-Register". Nach dem Entwurf müssen die Religionsgesellschaften künftig ein Verzeichnis führen. In diesem werden ihre religiösen Funktionsträger und die ihr zugehörigen Einrichtungen aufgelistet.

Bisher habe es hier Probleme bei der Zurechnung gegeben, heißt es in den Erläuterungen zu dem Entwurf. Es sei nämlich nicht immer klar gewesen, zu welcher islamischen Kultusgemeinde gewisse Einrichtungen oder Imame gehören.

Ursprünglich stellte das österreichische Religionsrecht auf christliche Religionsgesellschaften ab, sagt Schima. Diese seien im Gegensatz zu islamischen Gesellschaften hierarchischer organisiert. Daher tue sich der Staat beim Islam schwerer, Strukturen zu erkennen. Insofern komme der Plan eines Imam-Registers nicht überraschend, betont Schima.

Frage der Gleichbehandlung

Das Verzeichnis hält der Religionsrechtler aber für problematisch. Dadurch könne gegen den Schutz der inneren Angelegenheiten der Religionsgemeinschaften verstoßen werden. Und letztlich sei doch fraglich, warum man das Register im Sinne der Gleichbehandlung nicht gleich für alle gesetzlich anerkannten Religionsgemeinschaften einführe.

In den Stellungnahmen findet sich mehrfach der Vorwurf, dass islamische Glaubensgemeinschaften durch den Entwurf unsachlich und ungleich behandelt werden. So ortet die Islamische Glaubensgemeinschaft eine Schlechterstellung gegenüber anderen Religionsgemeinschaften. In den Erläuterungen wird hingegen darauf verwiesen, dass einige dieser Pflichten ohnehin bereits für Kirchen und andere Religionsgesellschaften gelten würden.

"In den Erläuterungen turnt man sich da über einiges sportlich hinweg", sagt Schima. Denn derart weite Pflichten gebe es etwa weder im Israeliten- noch im Protestantengesetz. Ob diese Differenzierung gerechtfertigt ist, könnte noch den Verfassungsgerichtshof beschäftigen.

Kultusamt aufgewertet

Auch wird in manchen Stellungnahmen kritisiert, dass das Kultusamt durch die Novelle zu einer Religionsbehörde umfunktioniert wird. Künftig muss das Kultusamt von den islamischen Gesellschaften verstärkt über interne Vorgänge und Veränderungen informiert werden. Auch eine engere Kooperation zwischen dem Bundeskanzler und Kultusamt wird gesetzlich festgeschrieben.

Zu einer Behörde im strengen Sinn werde das Amt nicht, da es weiterhin keine Bescheide erlassen könne, sagt Schima. Neue, wichtige Funktionen würden dem Amt zwar faktisch zuerkannt werden: "An dieser Aufwertung kann ich aber nichts Schlechtes erkennen", sagt Schima.