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Was bleibt vom Osten?

Von Karl Leban

Wirtschaft

Raiffeisen schließt Exit aus Ungarn, Slowenien und der Ukraine nicht aus.


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Wien. So große Stücke wie früher scheint die Raiffeisen Bank International (RBI) auf Osteuropa nicht mehr zu halten. Ein Teilrückzug aus der einst gefeierten Boom-Region ist für den neuen Bankchef Karl Sevelda offenbar kein Tabu. Denn drei Tochterbanken stehen nun auf dem Prüfstand: in der Ukraine, in Ungarn und in Slowenien. Für sie gibt es Kaufinteressenten, die zum Zug kommen könnten, sofern der Preis stimmt. Gespräche laufen.

Schon im Herbst 2011 ließ der damalige RBI-Chef Herbert Stepic, der heuer über private Geschäfte in Steueroasen gestolpert ist, aufhorchen, als er sagte: "Es ist nicht ausgeschlossen, dass wir uns aus dem einen oder anderen Land zurückziehen." Aufgeben würde die Bank aber nur solche Märkte, die kaum Potenzial haben und für das Geschäft wenig bringen. In welchen Märkten die Reißleine gezogen werden könnte, wollte Stepic, Raiffeisens Ostpionier, damals allerdings nicht sagen.

In 17 Ostländern präsent

Doch jetzt spricht man in der börsenotierten RBI erstmals Klartext: "Neben der Ukraine stehen auch Märkte wie Ungarn und Slowenien aktuell unter besonderer Beobachtung. Ein Rückzug aus diesen Märkten kann nicht ausgeschlossen werden."

Derzeit ist die RBI neben Österreich in 17 osteuropäischen Ländern vertreten, von denen Russland mit Abstand größter Ertragsbringer ist. Insbesondere Ungarn, aber auch Slowenien gelten indes bereits seit längerem als Problemländer, die dem Konzern Verluste bescheren.

Zu Ungarn sagt Sevelda zwar: "Grundsätzlich wollen wir natürlich dort bleiben, da ist viel Herzblut drin." Doch mittlerweile sieht man sich bei Raiffeisen durch das rechtliche und steuerliche Umfeld in dem Nachbarland (Bankenabgabe, Finanztransaktionssteuer und Zwangskonvertierung von Fremdwährungskrediten) an der Grenze des Erträglichen.

2012 schrieb die Ungarn-Tochter 174 Millionen Euro Verlust, im heurigen ersten Halbjahr lag das Minus bei 83 Millionen, und ein Ende der Verlustserie ist trotz laufender Restrukturierung nicht absehbar. Vom Höchststand von zirka 4000 Mitarbeitern (2008) wurde der Personalstand inzwischen auf unter 2800 gesenkt. In Ungarn hat Raiffeisen rund 808.000 Kunden, mehr als ein Viertel der vergebenen Kredite sind notleidend.

Verluste auch in Slowenien

Was das von Schulden gebeutelte Euroland Slowenien betrifft, so hat die RBI Ende 2012 zwar beschlossen, das dortige Geschäft auf ein Drittel runterzufahren. Doch mit einem Verkauf der Tochter könnte nun der komplette Marktausstieg besiegelt werden. Im ersten Halbjahr 2013 erlitt die slowenische Tochter, mit 264 Mitarbeitern und rund 66.000 Kunden relativ klein, elf Millionen Euro Verlust.

Wesentlich größer ist hingegen die ukrainische Banktochter Aval, sie hat knapp 13.500 Mitarbeiter und 3,1 Millionen Kunden. Während der Finanzkrise sperrte das Institut ein Drittel seiner Filialen zu (jetzt sind es 820) und kappte ein Viertel der Jobs. Laut RBI läuft die Aval heuer "sehr profitabel". Deshalb klopften ständig Kaufinteressenten an, heißt es. Ihre Angebote würden nun geprüft.

Das Problem der RBI: Sie muss in den nächsten Jahren absehbare Kapitallöcher stopfen. So muss sie vor allem das staatliche und private Partizipationskapital (2,5 Milliarden Euro), das unter Basel III ab 2018 nicht mehr anerkannt wird, ersetzen. Um die regulatorischen Auflagen beim Eigenkapital künftig zu erfüllen, hat die RBI die Option, Gewinne zur Seite zu legen, eine Kapitalerhöhung zu machen und - Geschäft abzugeben.