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Seit Ausbruch der Corona-Pandemie hat sich auch an den Rahmenbedingungen für die Universitäten einiges geändert.
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Auch wenn derzeit Sommerferien sind, stellt sich die berechtigte Frage, wie es ab Herbst an den Universitäten in Hinblick auf Corona weitergehen kann. Vorweg sei festgehalten, dass - anders als durch die mediale Berichterstattung der vergangenen Monate vermittelt - österreichische Hochschulen seit Ausbruch der Corona-Pandemie keine Geisterstätten sind und nur noch als Fernunis laufen - dem war und ist nicht so.
Etliche Lehrveranstaltungen, etwa künstlerische oder jene in Labors, waren sehr rasch nach Ausbruch der Pandemie wieder in Präsenz. Bibliotheken und Lernorte standen Studierenden zur Verfügung, und auch Prüfungen wurden vor Ort abgehalten. Außerdem arbeiten Universitätsangehörige nicht ausschließlich im Homeoffice, nur weil die Lehre teils in Distanz stattfinden musste. Universitäten sind tatsächlich große Arbeitgeberinnen mit tausenden Mitarbeitenden, die in ihren Büros vor Ort arbeiten und forschen, soweit es eben Abstandsregeln zulassen. Auch im Sommer, wenn Studierende Ferien haben und die reguläre Lehre pausiert, wird geforscht, Konferenzen und Sommeruniversitäten finden statt.
Seit Ausbruch der Pandemie hat sich auch an den Rahmenbedingungen für Unis einiges geändert. Die Abstandsregeln sind gefallen, Impfungen werden mittlerweile sehr niederschwellig und endlich auch für Studierende angeboten. Außerdem haben Universitäten die gesetzliche Möglichkeit, einen 3G-Nachweis als Voraussetzung für die Teilnahme an Lehrveranstaltungen und Prüfungen zu verlangen. Aber trotz dieser derzeit günstigen Rahmenbedingungen ist die vollständige Rückkehr der Lehre im Herbst wohl nicht hundertprozentig garantiert. Warum ist das so? Das hat unterschiedliche Gründe.
Der offensichtlichste ist wohl die Größe der Universitäten. Auch wenn er gerne herangezogen wird, ist der Vergleich mit Schulen einfach nicht passend. An der WU Wien zum Beispiel sind fast 21.000 Studierende zugelassen. Zu "Normalzeiten" tummeln sich auf dem WU-Campus täglich an die 10.000 Studierende, selbst wenn die Lehre im Hybrid-Modus (ein Teil ist immer vor Ort, der andere verfolgt die Lehrveranstaltungen gleichzeitig online oder alle Studierenden einer Lehrveranstaltung werden in Gruppen eingeteilt und wechseln sich mit Präsenzzeiten wöchentlich ab) stattfindet und die Bibliotheken offen sind, kommen 4.000 Studierende an den Campus.
Lehrveranstaltungen setzen sich nicht aus den immer gleichen 25 Teilnehmenden zusammen, sondern finden in unterschiedlichsten Konstellationen und Größen statt. Hunderte Lehrveranstaltungen pro Tag mit großer Studierendenzahl sind nichts Ungewöhnliches an Universitäten. Eine ziemliche Herausforderung für jede Art der Kontrolle der 3G-Regeln oder für Contact-Tracing. Gerade die flächendeckende 3G-Kontrolle verursacht für große Unis einen immensen logistischen Aufwand und hohe Kosten. Für die WU etwa würde das im Fall der Lehre in Präsenz auf dem Campus (Sicherheitspersonal-)
Kosten in der Höhe von ca. 18.000 Euro pro Tag bedeuten - also mehr als 100.000 Euro pro Woche -, weil sämtliche Gebäude gesichert werden müssten.
Die Unsicherheit erschwertdie Planung immens
Noch ist außerdem nicht klar, welche Abstandsregeln im Herbst wieder gelten werden. Steigen die Zahlen, werden wohl auch wieder strengere Maßnahmen in Kraft treten. Diese Unsicherheit erschwert die Planung immens. Kommt ein Zwei-Meter-Abstand, ist Lehre vor Ort nicht durchführbar. Warum? Weil damit beispielsweise im Audimax der WU, das sonst 650 Personen fasst, nur noch 87 Personen zugelassen wären, bei einem Ein-Meter-Abstand wären es 201. Alle übrigen Studierenden müssten die Lehrveranstaltung ohnehin online verfolgen. Selbst bei kleineren Lehrveranstaltungen mit nur 120 oder 60 Teilnehmenden wäre eine Umbuchung auf größere Räume im Falle einer plötzlichen Änderung der Abstandsregeln nicht möglich, denn der Belegungsplan steht schon Monate im Voraus fest, alle Räume sind fix vergeben, es sind keine Kapazitäten frei.
Universitäten müssen gerade aufgrund ihrer Größe, aber auch wegen ihrer Internationalität lange im Voraus planen, kurzfristige Umplanungen sind - zumindest in der Lehre - kaum möglich. Studierende haben ein Recht darauf, frühzeitig zu wissen, in welcher Form ihre Lehrveranstaltungen stattfinden werden. Denn sie müssen sich eine Unterkunft und, falls sie aus dem Ausland kommen, ihre zeitgerechte Ein- und Anreise entsprechend organisieren.
Die meisten Unis gehenvon Hybrid-Lehre aus
All diese Umstände machen es für Unis sehr schwierig, ein ganz normales Semester in Präsenz zu planen. Daher wurde und wird für unterschiedliche Szenarien geplant. Die meisten Unis gehen jedenfalls von Hybrid-Lehre aus. Auch an der WU gilt das Motto: So viel Präsenzlehre wie möglich, so viel Online wie nötig. Derzeit wird von einem Semesterstart im Herbst ohne Abstandsregeln ausgegangen. Daher sind die meisten Lehrveranstaltungen mit Ausnahme weniger großer im kommenden Wintersemester an der WU in Präsenz geplant und auch so angekündigt. Damit ein reibungsloser Ablauf und ein sicheres Lehren und Lernen möglich sind, ist es aber notwendig, 3G-Kontrollen durchzuführen - eine echte Herausforderung.
Wünschenswert ist natürlich eine hohe Durchimpfungsrate bei den Studierenden und allen Lehrenden und Forschenden. Denn die Tatsache wird wohl bleiben, dass ein wirksamer Schutz und damit eine Normalität nur durch möglichst viele Geimpfte erzielt werden kann.
Was bleiben wird, ist ein sinnvolles Maß an Online-Einheiten zur Unterstützung der Präsenzlehre. Denn das, was universitäres Leben ausmacht, kann online nicht vermittelt werden: Es braucht regen persönlichen Austausch miteinander, das gemeinsame Erarbeiten der Inhalte sowie kritische Auseinandersetzungen mit dem Lernstoff und auch kontroverse Diskussionen. Und es braucht Freude und positive Erlebnisse. Das alles braucht persönliche Begegnungen - vor Ort an den Universitäten.