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Was bringt die Flexibilisierung?

Von Sissi Eigruber

Wirtschaft

Die "Flexibilisierung" der Arbeitszeiten heizt heuer immer wieder die Diskussionen zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern sowie den politischen Parteien in Europa an. Die Argumente dafür und dagegen sind vielfältig: Flexibilisierung senkt die Produktionskosten und steigert die Wettbewerbsfähigkeit; sie sichert Arbeitsplätze; sie vernichtet Arbeitsplätze; sie ermöglicht mehr Nachfrage und Umsatz; sie führt zu mehr Konzentration. Die "Wiener Zeitung" hat den Arbeitsmarktökonomen Herbert Walther zu diesen Theorien befragt.


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Das Fazit gleich vorweg: Weder das eine noch das andere stimmt in dieser vereinfachten Form: "Es gibt keinen eindeutigen Zusammenhang in der Art, dass Flexibilisierung oder Arbeitszeitverkürzung bzw. -verlängerung Arbeitsplätze schaffen oder vernichten", bringt Walther, Professor an der Wirtschaftsuniversität Wien, die Sache auf den Punkt. Die Auswirkungen seien vielfältig und von zu vielen verschiedenen Faktoren abhängig, als dass dieser einfache Schluss zulässig wäre.

Walther führt die Ladenöffnungszeiten als Beispiel an: Längere Öffnungszeiten können zu einem intensiveren Wettbewerb, sinkenden Preisen und einem Konzentrationsprozess führen, denn große Unternehmen können in diesem Wettbewerb mithalten, kleine kaum. Dies würde aber die Nahversorgung gefährden. Dazu kommen negative externe Effekte, wie zum Beispiel Liefertätigkeit zu anderen, eventuell nächtlichen, Zeiten, welche die Anrainer stören könnten. "Ich meine, dass diesen Aspekten zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet wird", meint Walther. Schließlich sei der Mensch nicht nur Konsument, sondern auch ein Wohnender, ein Schlafender, einer, der nicht gerne große Distanzen zurücklegt".

Zudem sei zu berücksichtigen, dass die Auswirkungen von Flexibilisierungsmaßnahmen unterschiedlich seien, je nachdem, ob sie nur in einzelnen Betrieben oder gesamtwirtschaftlich stattfinden. "Der makroökonomische Effekt ist anders als in einer einzelnen Firma".

Die aktuelle Flexibilisierungs-Diskussion ziele im Wesentlichen auf eine bessere Auslastung der Maschinen (Industrie) oder der Infrastruktur (Handel) und auf eine Senkung der Lohnkosten ab. Diese Maßnahmen könnten bei steigender Nachfrage zu einem Produktionsanstieg, geringeren Stückkosten, sinkenden Preisen und mehr Wettbewerbsfähigkeit führen. Eine Zunahme der Beschäftigung könne die Folge sein.

Anders die Effekte bei gesättigten Märkten, also bei Produkten, wo es nur wegen eines niedrigeren Preises kaum zu einer höheren Nachfrage komme. Hier könne es zur Konzentration auf wenige Standorte kommen, Personalabbau könne die Folge sein. Es sei auch von der Art der Produkte abhängig, ob Flexibilisierung zu stärkerer Nachfrage führe oder nicht.

Lange Wochenarbeitszeit

Laut "Arbeitsklima Index" der Arbeiterkammer Oberösterreich arbeiten 22 Prozent der heimischen Vollzeitbeschäftigten länger als 45 Stunden pro Woche, weitere 21 Prozent mehr als 40 Wochenstunden. "Damit liegen mehr als 43 Prozent der Vollzeitbeschäftigten deutlich über der 40-Stunden-Woche", erklärte gestern der Linzer Kammer-Chef Johann Kalliauer. Gute Unternehmen würden es schaffen, Arbeitszeitmodelle zu entwickeln, die beiden Seiten nützen - den Beschäftigten und den Firmen.