Zum Hauptinhalt springen

Was darf die Schule kosten?

Von Heiner Boberski

Politik

Vorerst zu viele Pflichtschullehrer. | In 10 bis 15 Jahren droht Lehrermangel. | Wien. Für Walter Riegler, den Vorsitzenden der Gewerkschaft der Pflichtschullehrer, sind die jüngst genannten Zahlen zur Lehrerbeschäftigung realistisch. Derzeit halte man in Österreich im Pflichtschulbereich bei etwa 59.000 bis 60.000 Dienstposten, die allerdings auf 74.000 bis 75.000 Köpfe verteilt seien. Mit einem Rückgang um bis zu 15 Prozent müsse man angesichts des sich abzeichnenden Schülerschwunds in den nächsten fünf bis sechs Jahren rechnen - die Geburten dieser Jahrgänge sind ja bereits bekannt, einzige Unbekannte ist die Migration, und die dürfte sich in Grenzen halten.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 19 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Da laut Riegler "dramatisch wenige" Lehrer bis 2010/2011 das Pensionsalter erreichen, "sehr hoch gegriffen 4000", ist der Lehrberuf weitgehend zu. Das hänge mit der Erhöhung des Pensionsalters zusammen, konkret auch damit, dass "spätestens 2003 viele alte Kollegen gegangen sind", die "bis zu 34 Prozent Abschlag von ihrer möglichen Pension in Kauf genommen haben".

Riegler sieht drei Möglichkeiten einer Lösung. Dass man Lehrern mit einem Vorruhestandsmodell den Ausstieg schmackhaft macht, unterläuft die Politik der letzten Jahre, die auf Pensionierung erst mit 65 abzielt. Realistischer ist, dass man in der Bildungslandschaft mehr öffentlich finanzierten Bedarf an Lehrern erkennt als bisher und beim nächsten Finanzausgleich die heutigen Schlüsselzahlen ändert. Diese Zahlen (z.B. zwei Lehrer für 29 Volksschüler, ein Lehrer pro 10 Hauptschüler) sind zwar in Summe das Richtmaß, treffen aber im Einzelfall oft nicht zu. Wenn kleine Landschulen erhalten werden sollen oder Kinder besonderer Förderung bedürfen, kommen weniger Schüler auf einen Lehrer, in großen Stadtschulen dafür umso mehr.

Für Riegler ist klar: "Bekenntnisse zu kleinen Standorten müssen auch Bekenntnisse zu mehr Budget sein." Kleinere Schulklassen, vermehrte Nachmittagsbetreuung oder auch Nachhilfeunterricht in der Schule mit finanzieller Beteiligung der Eltern - all das würde Lehrerposten sichern und pädagogisch etwas bringen. Riegler: "Privat sind Eltern oft bereit, Unsummen für Bildung, zum Beispiel für Nachhilfe, zu bezahlen. Nur die Schule darf nichts kosten."

Viele heutige Pflichtschullehrer sind etwa 50 bis 55 Jahre alt, in 10 bis 15 Jahren sieht Riegler daher eine Lehrerlücke voraus, wenn jetzt nicht auch jüngeren Jahrgängen die Chance gegeben wird, in den Lehrberuf einzutreten.

Dass die Ausbildung von Pflichtschullehrern und anderen Lehrern getrennt bleibt und nicht, wie es auch die Zukunftskommission des Bildungsministeriums wollte, gemeinsam an den Universitäten erfolgt, hat für Wolfgang Weißengruber, in der Pflichtschullehrergewerkschaft für die Fort- und Weiterbildung zuständig, historische Gründe.

Er lehnt die Zusammenführung nicht grundsätzlich ab, hält sie aber erst dann für durchführbar, wenn man mit den neuen Pädagogischen Hochschulen "in zwei Durchgängen", also ab 2007 zweimal drei Jahre lang, Erfahrungen gesammelt hat.