Welches Recht im virtuellen Raum zur Anwendung kommt und wie man es durchsetzt.
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Facebook und Microsoft arbeiten längst an der Zukunft des Internets, dem Metaverse. Während sich die Kritiker mit der Frage beschäftigen, was dieses virtuelle Paralleluniversum für unsere Gesellschaft bedeuten könnte, hat man in vielen Unternehmen ganz praktische Sorgen: Wie sieht es im Metaverse eigentlich mit den Marken aus?
Status wird auch in der virtuellen Gesellschaft eine wichtige Rolle spielen – und Status wird mit Marken gezeigt. Daher kommt man beim Metaverse am Markenrecht nicht vorbei. Damit der Schutz ihrer Marke auch in Zukunft sichergestellt ist, müssen Markeninhaber aber schon heute einiges beachten.
Das Metaverse ist kein rechtsfreier Raum
Dieselben Fragen, die sich heute im Kontext des Metaverse stellen, waren bereits bei der Entstehung des Internets aufgekommen. Wenn es beim Internet um die Digitalisierung ging, stellt uns das Metaverse vor die Aufgabe der Virtualisierung. Damals wie heute haben viele Menschen die Befürchtung, sich plötzlich in einem rechtsfreien Raum wiederzufinden. Damit haben wir es allerdings nicht zu tun, sondern mit einer anderen Form von Wirklichkeit.
Der Punkt ist damit eher, welches Recht zur Anwendung kommt und wie man es durchsetzt. Wer sich im Metaverse aufhält, muss bestimmte Regeln einhalten. Er wird rechtsverbindliche Erklärungen abgeben, die Handlungen haben rechtliche Konsequenzen. Wäre es anders, könnte man im Metaverse kein Geschäft abschließen. Es soll nach den Ideen derjenigen, die es voranbringen wollen, aber zum virtuellen Marktplatz der Welt werden. Ein Handelsplatz ist es in seinen Anfängen bereits. Handel ohne Rechtsgrundlage ist aber nur schwer vorstellbar. Damit kommen schnell die Markenrechte ins Spiel.
Dass die Situation komplex ist, zeigt ein aktueller Fall: Der Künstler Mason Rothschild hatte die bekannten Hermès Birkin Bags im Metaverse als Non-Fungible Token, also als eine Art einzigartige Vermögenswerte, angeboten. Hermès verklagte Rothschild daraufhin. Dieser beruft sich im noch laufenden Verfahren auf seine künstlerische Freiheit, während das Unternehmen Hermès sein Markenrecht bedroht sieht. Es ist nicht klar abzusehen, wie der Fall am Ende ausgehen wird. Im Augenblick neigt sich die Waage zugunsten des Unternehmens.
Wie sich Markeninhaber jetzt verhalten sollten
Markeninhaber sollten sich auf die virtuelle Welt vorbereiten, indem sie prüfen lassen, ob ein ausreichender Markenschutz besteht. Es beginnt damit, dass Waren und Dienstleistungen nach der sogenannten Nizza-Klassifikation in mehrere Klassen eingeteilt werden. Die jeweilige Klasse legt fest, welcher Bereich markenrechtlich beansprucht werden kann.
Diese Klasseneinteilung wird dem Metaverse allerdings kaum gerecht. In einem Konfliktfall kann das für einen Markeninhaber große Nachteile haben. Wenn ein Gericht klären muss, ob die Rechte für eine Dienstleistung oder ein Produkt gelten, ist der Ausgang ungewiss. Es ist somit zu empfehlen, den Markenschutz im Zweifelsfall vorab auf weitere Klassen auszudehnen.
Auch der Unternehmensname kann von einem unzureichenden Markenschutz betroffen sein. Denn die überwiegende Zahl der Marken trägt einen Namen, der über eine Nische hinaus nicht bekannt ist. Somit ist es kaum möglich, auf einen klassenübergreifenden Markenschutz zu pochen. Das dürfte nur weltweit bedeutenden Unternehmen wie Apple, Nike oder McDonald’s gelingen.
Der Markenschutz gilt nicht überall
Die nächste Frage, die sich im Zusammenhang mit dem Metaverse stellt, dreht sich darum, wo die Marke am besten geschützt ist. Die reale Welt kennt Landesgrenzen, und das Markenrecht ist territorial aufgestellt. Bei einer Markenrechtsverletzung im Metaverse kann von herkömmlichen Grenzen aber keine Rede sein. Wie verhält sich die Sache also? Sie entscheidet sich daran, auf welches Territorium das Angebot gerichtet ist. Die Sprache, die Domainendung und der Wohnort der Kunden sind also ausschlaggebend. Der Markenschutz ist für dieses Gebiet dann natürlich besonders wichtig.
Wenn man sein Recht bei einem deutschen Gericht durchsetzen konnte, heißt das allerdings noch lange nicht, dass dieses Urteil in anderen Ländern anerkannt wird. Da es im Metaverse augenblicklich noch keine Anbieterkennzeichnung gibt, weiß man möglicherweise gar nicht, um welches andere Land es sich handelt. Es könnte darauf hinauslaufen, dass bei Rechtsverletzungen der Betreiber des Metaverse in die Pflicht genommen wird. Mit dem Gesetz über digitale Dienste ist in dieser Richtung ein Vorbild in der Europäischen Union auf dem Weg.
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