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Für Infizierte gilt außerhalb des Wohnbereichs Maskenpflicht, telefonische Krankschreibung wird wieder eingeführt.
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Die Corona-Quarantäne fällt und wird durch Verkehrsbeschränkungen ersetzt. Das gab die türkis-grüne Bundesregierung am Dienstag bekannt. Mit Medikamenten und Impfungen habe man zwei wirksame Instrumente gegen das Coronavirus, sagte Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne). Zudem seien die neuen Virusvarianten weniger gefährlich. Man gehe gut vorbereitet in eine neue Phase der Pandemie, so Rauch. Ein Überblick.
Welche Regeln gelten künftig?
Die Verordnung tritt mit 1. August in Kraft. Personen, die positiv auf Covid-19 getestet wurden, dürfen künftig ihren Wohnort verlassen. Außerhalb des eigenen Wohnbereichs müssen sie eine FFP2-Maske tragen. Eine Ausnahme gilt für den Aufenthalt im Freien: Kann dort ein Mindestabstand von zwei Metern gegenüber anderen Personen eingehalten werden, ist keine Maske notwendig.
Die Verordnung schreibt kein Betretungsverbot für die Gastronomie vor. Dadurch kann sich ein Infizierter theoretisch mit Maske ins Wirtshaus setzen, essen kann er dort aber nichts. Gewisse Orte dürfen von Infizierten jedenfalls nicht betreten werden: Spitäler, Pflege-, Behinderten-, Kureinrichtungen, Kindergärten, Volksschulen und Horte. Eine Ausnahme gilt für infizierte Mitarbeiter der Einrichtungen, sie dürfen mit Maske dort arbeiten.
Was ist für den Arbeitsplatz zu beachten?
"Wer krank ist, bleibt zuhause", sagte Minister Rauch. Einen Absonderungsbescheid, der automatisch als Krankschreibung galt, gibt es ab 1. August aber nicht mehr. Die Krankschreibung läuft bei Covid-19 künftig wie bei jeder anderen Krankheit ab. Dafür wird die telefonische Krankschreibung wieder eingeführt.
Infizierte dürfen in die Arbeit gehen, wenn sie eine Maske tragen. Auf diese kann verzichtet werden, wenn am Arbeitsplatz nur Infizierte zusammentreffen. Das gilt aber nicht, wenn es sich um Orte wie Spitäler und Pflegeeinrichtungen handelt: Dort muss eine Maske getragen werden.
Der Arbeitsplatz darf von Infizierten nicht betreten werden, wenn die Maske die Berufsausübung verunmöglicht. Das gilt beispielsweise für Sänger und Logopäden. Sonderregeln sind für Risikogruppen vorgesehen. Sie können sich vom Arbeitgeber freistellen lassen, wenn es keine Schutzmaßnahmen wie Heimarbeit oder Einzelbüros gibt.
Wie werden die neuen Regeln kontrolliert?
Laut Rauch sind so wie bei der Einhaltung der Quarantäne stichprobenartige Kontrollen vorgesehen. Nicht vergessen werden darf, dass die vorsätzliche und die fahrlässige Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten Delikte nach dem Strafgesetzbuch sind. Darunter fällt eine Ansteckung mit dem Corona-Virus. In Extremfällen könnten die Delikte hier also angewendet werden.
Wird es einen Wiener Sonderweg geben?
Bereits im Vorfeld der Entscheidung hatte Wien Kritik geübt. Am Dienstag legte der Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) nach: "Das Theater für Herbst und Winter ist vorprogrammiert." Er kündigte an, dass Wien nicht bei den Quarantäneregeln bleiben werde, wenn sie der Bund abschaffe. Ob Wien oder andere Bundesländer nun aber andere, strengere Maßnahmen erlassen, ist offen.
Ein Sonderweg der Länder könnte heikel sein, denn die Rechtslage ist verzwickt. "Nach § 7b Epidemiegesetz kann der Gesundheitsminister für den Fall einer Infektion mit Covid-19 statt der Absonderung Verkehrsbeschränkungen erlassen", sagt Verfassungsrechtler Peter Bußjäger von der Uni Innsbruck. Ein Spielraum für die Länder existiere nur, wenn dieser in der Verordnung explizit vorgesehen ist. In der Quarantäne-Verordnung dürfte es einen solchen Spielraum nicht geben.
Anders als bei Verkehrsbeschränkung können die Länder aber gemäß § 7 Epidemiegesetz eigene Quarantänemaßnahmen erlassen, sagt Verfassungsrechtler Andreas Wimmer von der Universität Linz: "Hier kann die einschlägige Verordnung von den jeweiligen Landeshauptleuten erlassen werden, wenn der Gesundheitsminister untätig bleibt."
Was halten Experten vom Quarantäne-Aus?
Epidemiologe Gerald Gartlehner hält das Aus der Absonderung für vertretbar. Die aktuelle Variante BA.5 sei derart infektiös, dass Personen, die ganz am Anfang ihrer Infektion noch keine Symptome entwickelt haben, bereits andere Menschen anstecken. Eine Isolation würde nur mehr geringe Auswirkungen auf das Pandemiegeschehen haben. Ferner würden Teile der Bevölkerung die Maßnahmen nicht mehr mittragen. Gartlehner fordert, vulnerable Personen mehr zu schützen und zu einer vierten Impfung zu bewegen.
Der Virologe Norbert Nowotny sprach sich gegen ein Ende der Quarantäne aus. "Diesen Schritt können wir irgendwann einmal machen, aber nicht zum jetzigen Zeitpunkt", wurde er vom "Falter" zitiert. Denn die Zahl der Infizierten und Patienten, die in Spitälern behandelt werden, sei nach wie vor hoch und könne durch das Quarantäne-Ende wieder steigen.
Welche politischen Reaktionen gibt es?
Den Freiheitlichen geht das Quarantäne-Aus nicht weit genug. FPÖ-Obmann Herbert Kickl forderte das Außerkraftsetzen des Covid-19-Maßnahmengesetzes "als Grundlage für sämtliche Willkürmaßnahmen des Gesundheitsministers".
Die SPÖ sprach sich für die Beibehaltung der Quarantäne aus, darunter Gabriele Sprickler-Falschlunger. Sie ist Landeschefin der SPÖ Vorarlberg und Rauchs Ehefrau. "Ein Aus für die Quarantäne in Anbetracht der vor der Tür stehenden Herbstwelle und bereits hoher Sommerzahlen ist mit Sicherheit die falsche Entscheidung von Gesundheitsminister Rauch", meinte sie am Dienstag.
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