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Was dem Fiskus von einem Steuer-Euro bleibt

Von Herbert Hutar

Wirtschaft
Verzerrtes Bild: Weil Steuern das Wachstum belasten, kann das Finanzministerium prognostizierte Einnahmen nicht dauerhaft voll verbuchen. Foto: bilderbox

IHS-Studie zu Ökosteuer und Co.: Einnahmen nehmen über mehrere Jahre gerechnet massiv ab. | Steuerflucht erhöht Ausfälle noch. | Wien. Wenn der Staat mehr Geld braucht, erhöht er die Steuern. Klingt einfach, erweist sich in der Praxis aber als höchst problematisch. Denn mit Steuererhöhungen kann man nicht nur Wahlen verlieren, die Steuerhinterziehung und die Schwarzarbeit anregen, sondern auch das Wirtschaftswachstum abwürgen. Und so kämen noch weniger Steuern herein. Das heißt, wenn die Steuerschraube überdreht wird, fließen unter dem Strich nicht mehr, sondern weniger Steuern in die Staatskassen.


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Berühmt geworden ist dieser Ansatz durch die sogenannte Laffer-Kurve des amerikanischen Ökonomen Arthur B. Laffer, der später erzählt hat, er habe diese Kurve 1974 in Washington in einem Restaurant auf eine Serviette gekritzelt. Der Schwachpunkt daran: Der optimale Steuersatz und das Kippen der Kurve ins Negative sind nicht zu berechnen.

Am Grundsatz ändert das aber nichts: Höhere Steuern bremsen das Wachstum, Steuersenkungen beschleunigen es. "Das ist empirisch nachzuweisen", erklärt Bernhard Felderer, Chef des Instituts für Höhere Studien (IHS) und Vorsitzender des Staatsschuldenausschusses. Sind die Ökonomen in den Siebzigerjahren noch gescheitert, wenn es um konkrete Berechnungen gegangen ist, so sieht das heute anders aus: "Wir haben bessere Rechenmodelle und viel mehr Datenmaterial zur Verfügung", sagt Felderer.

Drückt aufs Wachstum

Bernhard Felderer sowie die beiden Ökonomen Ludwig Strohner und Johannes Berger im IHS haben ein paar Rechenaufgaben gemacht: Finanzminister Josef Pröll hat zum Beispiel vorgeschlagen, die Mineralölsteuer um 10 Cent je Liter zu erhöhen und das Öko-Steuer genannt. Eine Milliarde Euro pro Jahr soll das bringen. Die Ökonomen um IHS-Chef Bernhard Felderer sind aber zu dem Schluss gekommen, dass dieser Betrag im Lauf der Jahre immer geringer wird, ein Effekt, der langsam beginnt, sich aber im Lauf der Jahre steigert: Nach ein bis zwei Jahren liegen die Mehreinnahmen nur mehr bei 850 Millionen Euro und nach 10 Jahren nur mehr bei 500 Millionen. "Das sind die negativen Wachstumseffekte", erläutern sie.

Etwa 40 Prozent der Mineralölsteuer zahlen die privaten Haushalte, die höhere Mineralölsteuer zieht das Geld von anderen Konsumausgaben mit entsprechender Mehrwertsteuer ab. Bei den Unternehmen, auf die 60 Prozent der Mineralölsteuer entfallen, ist es komplizierter. Die höhere Mineralölsteuer bremst Investitionen, sie bremst den Produktivitätsanstieg und damit den Spielraum für Lohnerhöhungen. Über die zusätzlich belasteten Unternehmen werden die Haushalte und der private Konsum ein zweites Mal getroffen, diesmal auf der Einkommensseite, eine weitere Konsumbremse.

Bei der Lohn- und Einkommenssteuer sieht die Simulation so aus: Sie wird zum überwiegenden Teil von Unselbständigen gezahlt, zu einem sehr geringen Teil von Personengesellschaften. Würden die Steuersätze so angehoben, dass am Anfang Mehreinnahmen von einer Milliarden Euro herausschauen, so schmelzen auch die im Lauf der Jahre dahin: Nach ein bis zwei Jahren wären es nur mehr 800 Millionen Euro und nach 10 Jahren rund 600 Millionen.

Beschäftigung leidet

Ein drittes Beispiel: Eine Erhöhung der Umsatzsteuer um 5 Prozent (zum Beispiel den Regelsatz von 20 auf 21 Prozent zu erhöhen) würde ebenfalls den Effekt einer zusätzlichen Milliarde an Einnahmen haben. Jedoch betragen auch hier die zusätzlichen Einnahmen nach ein bis zwei Jahren lediglich 780 Millionen, um nach 10 Jahren bei 670 Millionen Euro zu landen.

"Das sind die reinen negativen Wachstumseffekte", erläutert Felderer, "Steuervermeidungseffekte sind in diesen Rechenmodellen nicht berücksichtigt, kämen aber in der Praxis noch dazu." Und bei einer regelrechten Belastungswelle, bei der alle drei Steuern um die in den Rechensimulationen angegebene Größe erhöht würden, könnte man die negativen Auswirkungen auf Wachstum und Beschäftigung durchaus addieren, so Felderer.