Konjunkturängste bremsen die globale Nachfrage nach dem fossilen Energieträger.
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Viele Autofahrer atmen auf. Der Grund: Die Preise an den Zapfsäulen geben nach ihrem rasanten Höhenflug nun wieder nach. Auch wenn das Niveau noch immer hoch erscheinen mag: Treibstoffe sind hierzulande binnen weniger Wochen spürbar billiger geworden. Als Hintergrund dafür wiederum gilt die jüngste Entspannung an der Ölpreisfront, die inzwischen bereits seit gut zwei Monaten anhält. Zuvor hatten die Preise für ein Barrel der europäischen Sorte Brent und der US-Sorte West Texas Intermediate (WTI) von Dezember 2021 bis Mitte Juni 2022 - zusätzlich befeuert durch Russlands Überfall auf die Ukraine - kräftig angezogen und Mehrjahreshochs erklommen.
Sowohl Brent als auch WTI notieren mittlerweile unter der 100-Dollar-Marke (siehe Chart). Beide zeigten sich am Montag im Handelsverlauf mit deutlichen Preisabschlägen.
Dass es derzeit mit den Ölnotierungen tendenziell nach unten geht, hat für den Chefanalysten der Raiffeisen Bank International, Peter Brezinschek, vor allem konjunkturelle Gründe. "Im Wesentlichen spielen da Ängste vor einer Rezession eine Rolle", erklärt Brezinschek. In China, das den weltweit größten Ölverbrauch habe, sei die Ölnachfrage aufgrund der Null-Covid-Politik und eines schwachen Wirtschaftswachstums rückläufig.
Dazu komme, dass in Europa für das laufende zweite Halbjahr nur noch eine "bescheidene Konjunkturdynamik" zu erwarten sei, so Brezinschek zur "Wiener Zeitung". Darüber hinaus sei auch mit einer "Stagnation" in der Industrieproduktion sowie mit schwächeren Entwicklungen im Gewerbe und am Bau zu rechnen.
Was die Ölpreise aktuell ebenfalls belastet, ist die Aussicht auf verstärkte Ölexporte aus dem wichtigen Förderland Iran, wie bei Marktbeobachtern zu hören ist. Derzeit laufen Verhandlungen über eine Wiederbelebung des internationalen Atomabkommens mit dem Iran. Sollte es gelingen, das iranische Atomprogramm einzuschränken, würden Wirtschaftssanktionen gegen das islamische Land fallen. Das Opec-Mitglied wäre dann wieder in der Lage, verstärkt Rohöl an westliche Industriestaaten zu liefern.
Dass die Preise für Rohstoffe wie Öl, aber auch Kupfer oder Platin inzwischen sinken, wertet Brezinschek im Übrigen als "erste Anzeichen dafür, dass die Inflation im nächsten Jahr zurückgeht, sofern diese Trends anhalten". Wobei er den Höhepunkt der Inflationsentwicklung mit Blick auf die Produzenten- und die Großhandelspreise im ersten Quartal 2023 sieht.
Opec senkt Erwartungen
Gerade wegen der konjunkturellen Unsicherheiten infolge des Ukraine-Krieges, der hohen Inflation sowie diverser Corona-Maßnahmen hat die Opec, die Organisation erdölexportierender Länder, ihre Prognose für die globale Ölnachfrage vor Kurzem erneut nach unten revidiert - zum bereits dritten Mal seit April. Im jüngsten Monatsbericht des Ölkartells hieß es, die weltweite Nachfrage werde heuer bei 3,1 Millionen Barrel (je 159 Liter) pro Tag liegen. Das sind 260.000 Barrel weniger als bisher erwartet. Ist die Nachfrage geringer, sinkt auch der Preis. 2023 dürften es unverändert 2,7 Millionen Fässer pro Tag sein.
BWB-Bericht zu Tankstellen
In Österreich hat die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) am Montag ihren finalen Bericht zu einer Untersuchung der Preisbildung an den heimischen Tankstellen vorgelegt. Ihr Fazit: Die Entwicklung der Rohölpreise allein könne den Preisanstieg bei Diesel und Benzin nicht erklären. Gleichzeitig verweist der Branchenbericht der Wettbewerbshüter aber auf stark gestiegene Gewinn-Margen der Raffinerien in den Monaten nach dem Beginn des Ukraine-Krieges.
Der BWB zufolge ist der überwiegende Teil des Preisanstieges an den Zapfsäulen auf internationale Preisnotierungen zurückzuführen. Schließlich dienten diese als Referenzpreise für Großhandels- und Raffinerieabgabepreise, wie es heißt.