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Was der U-Ausschuss bisher aufgezeigt hat

Von Daniel Bischof

Politik

Für das Glücksspiel will unter Türkis-Blau niemand so recht zuständig gewesen sein, bei den Ermittlungen gab es Pannen.


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Politiker, Manager, Spitzenbeamte: Ein Reigen an Personen hat mittlerweile im Ibiza-U-Ausschuss ausgesagt. Während sich manche Befragung in zähen Debatten um die Geschäftsordnung verlief, war manch andere äußerst aufschlussreich. Eine erste Zwischenbilanz.

Das Glücksspiel als heiße Kartoffel

Im Mittelpunkt der Ermittlungen steht der Vorwurf, dass es zwischen türkisen und blauen Politikern sowie dem Glücksspielkonzern Novomatic eine verbotene Absprache gegeben haben soll. Es wird dabei auch untersucht, ob es verdeckte Spenden an parteinahe Vereine gab. Wie die ersten Befragungstage zeigten, will für den Bereich Glücksspiel unter Türkis-Blau niemand so recht zuständig gewesen sein. Die Befragten widersprachen sich und schoben sich gegenseitig die Verantwortung zu.

An sich war Hubert Fuchs, Ex-Finanzstaatssekretär und nunmehr Abgeordneter der FPÖ, für das Glücksspiel zuständig. Seine Funktion "wurde und werde von vielen Personen überschätzt", meinte Fuchs. In Wirklichkeit sei er "eher das politische Feigenblatt" unter Türkis-Blau gewesen. Er selbst habe Beamten keine Weisungen geben können. Nicht einmal direkten Kontakt habe er mit ihnen aufnehmen dürfen. Einen Deal mit der Novomatic habe er gar nicht aushandeln können. "Mir als Staatssekretär war es faktisch und rechtlich unmöglich, Änderungen im Glücksspielgesetz auf den Weg zu bringen", sagte Fuchs.

Seine Aussagen widersprachen jenen von Thomas Schmid. Dieser war zunächst Kabinettschef von Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) und Generalsekretär im Finanzministerium, im April 2019 wurde er zum Chef der staatlichen Beteiligungsgesellschaft Öbag ernannt. Fuchs gab an, dass Schmid im Finanzministerium eine tragende Rolle spielte.

Schmid hingegen erklärte, er sei als Kabinettschef lediglich koordinierend tätig gewesen. Die Letztverantwortung sei immer bei Minister Löger gelegen, sagte Schmid. Fuchs sei sehr wohl im Glücksspielbereich direkt involviert gewesen, so der Öbag-Chef. Der Staatssekretär habe hier auf Fachexperten zugreifen können, das Kontaktverbot zu den Beamten sei später aufgehoben worden.

Auch andere Befragte wollen mit dem Thema nichts zu tun gehabt haben. "Der Bereich Glücksspiel ist etwas, das mich genau null interessiert. Ich kann nicht einmal schnapsen", meinte Ex-Regierungskoordinator und FPÖ-Chef Norbert Hofer. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) sagte, die ÖVP nehme keine Spenden aus der Glücksspielbranche an. Es habe daher auch keine Novomatic-Spenden an die ÖVP gegeben.

Neue Erkenntnisse, wer für was im Finanzministerium tatsächlich zuständig war und wer dort die Macht innehatte, könnte Hartwig Löger liefern: Der Ex-Finanzminister wurde bisher noch nicht befragt.

Quote bei Postenbesetzungen, Qualifikationen umstritten

Laut FPÖ-Chef Hofer gab es unter Türkis-Blau einen festen Schlüssel für Postenbesetzungen in Aufsichtsräten: Zwei Drittel durfte die ÖVP besetzen, ein Drittel die FPÖ. Seitens der beiden Parteien wurde der Vorwurf des Postenschachers zurückgewiesen. Es sei stets der bestqualifizierte Kandidat ausgewählt worden, meinte Hofer. Das System habe seine Schwächen, "wir kennen aber kein besseres", sagte Kurz.

Die Opposition ortet hingegen hinter zahlreichen Besetzungen dubiose Absprachen - insbesondere bei Peter Sidlos Bestellung zum Finanzvorstand der Casinos Austria AG. Die Debatte um Postenschacher wird den U-Ausschuss noch länger beschäftigen: Für den Herbst sind bereits einige Unternehmer und Aufsichtsräte geladen, die dazu befragt werden sollen.

Misstrauen unter den Behörden

Im Zuge des Ausschusses zeigte sich, dass es bei den Ermittlungen Pannen gegeben hat. So stellte die "Soko Tape" am 21. April das Ibiza-Video sicher. Über diesen Erfolg berichtete sie der Staatsanwaltschaft Wien, nicht aber der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), obwohl beide Anklagebehörden in der Causa ermitteln. Über die Wochen erfuhren Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) und Strafrechts-Sektionschef Christian Pilnacek davon. Zur WKStA und zu Justizministerin Alma Zadic (Grüne) sickerte diese Information aber nicht durch: Ende Mai erfuhren sie aus den Medien davon.

Ein Vertreter der WKStA zeigte sich brüskiert und ließ durchblicken, dass die Arbeit mit der "Soko Tape" nicht immer friktionsfrei verlief. Andreas Holzer, Leiter der "Soko Tape", verteidigte seine Ermittler. Er sei davon ausgegangen, dass die Information über den Video-Fund justizintern weitergegeben worden sei. Dass im Justizressort einiges im Argen liegt, ist seit geraumer Zeit bekannt. Die justizinterne Zusammenarbeit wird Mitte Juli im Fokus des Ausschusses stehen: Befragt werden Behördenleiter, Oberstaatsanwälte und Pilnacek.

Neue Sachlichkeit nach lauten Disputen

Zähe Debatten um die Geschäftsordnung prägten die ersten Ausschusstage. Manche Befragung verlief im Sand: Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) machte zig Erinnerungslücken geltend, laut SPÖ waren es 86. Die Abgeordneten stritten lautstark, Helmut Brandstätter (Neos) lieferte sich ein Scharmützel mit Kurz, Neos-Fraktionsführerin Stephanie Krisper entglitt ein deftiger Sager, Verfahrensrichterin Ilse Huber trat zurück.

Diese Woche kehrte wieder Ruhe ein. Trotz mancher Debatte verliefen die Fragerunden zielgerichteter und sachlicher ab. Das lag auch daran, dass sich die Befragten nun auskunftsfreudiger zeigten. Ob die neue Sachlichkeit von Dauer ist, wird sich aber erst zeigen müssen.