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Die Veränderung der Altersstruktur unserer Gesellschaft wird auch für die Arbeitswelt nicht ohne Folgen bleiben: Wir müssen lernen, nicht nur länger, sondern auch anders zu arbeiten. Höchste Zeit also, sich Gedanken darüber zu machen, wie die Arbeitswelt 2025 ausschauen wird und welche Schlüsselqualifikationen wir erwerben müssen, um auch noch mit 60 Jahren auf dem Arbeitsmarkt der Zukunft erfolgreich bestehen zu können. Diesem Thema war der zweite Trialog* von "Wiener Zeitung", Management Club und der Agentur GPK am Mittwochabend unter der Moderation von "Career"-Herausgeber Markus Gruber mit dem Titel "Senior Skills" gewidmet.
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Allein schon die statistischen Tatsachen sprechen für sich, erläutert einleitend die Arbeitsmarktexpertin Petra Draxl: Noch 1985 war im Durchschnitt aller 15 EU-Länder die Altersgruppe der 15- bis 24-Jährigen mit 25 Prozent genauso stark wie die Altersgruppe der 50- bis 64-Jährigen, während die "mittlere" Altersgruppe der 25- bis 49-Jährigen, also jene die am stärksten im Erwerbsleben steht, die übrige Hälfte der Bevölkerung stellte.
Bis zum Jahr 2025 wird sich diese Balance der Altersgruppen jedoch massiv verändern: Die Gruppe der 15- bis 24-Jährigen sinkt von 25 auf 17 Prozent und jene der 50- bis 64-Jährigen steigt von 25 auf 35 Prozent. Lag noch 1995 die zahlenmäßig stärkste Altersgruppe bei den 20- bis 49-Jährigen, so werden dies schon 2015 die 45- bis 69-Jährigen sein. Dann wird die EU im Vergleich zu Japan und den USA das höchste Durchschnittsalter aufweisen.
Österreich liegt mitten im Trend
Auch Österreich könne sich von diesem Trend nicht abkoppeln, betont Draxl: Die Zahl der über 60-Jährigen wird sich im Jahr 2000 von rund 1,7 auf fast 3 Millionen im Jahr 2040 erhöhen. Die Anzahl der Bevölkerung im Erwerbsalter (15 bis 60) wird sich dann von 5,1 auf 4,4 Millionen verringern. Die jüngste Altersgruppe (unter 15-Jährige) wird bereits 2015 von 1,4 auf 1,1 Millionen sinken. Ähnlich wie in der gesamten EU liegt auch in Österreich ein Kippen der Alterspyramide der Bevölkerung ab dem Jahr 2000 vor: Erstmals sind mehr Menschen über 40 als unter 40 Jahre alt.
Diese Zahlen zeigen deutlich, dass an einem längeren Verbleib im Erwerbsleben kein Weg vorbei führt, sollen die sozialen Sicherungssysteme aufrecht erhalten und der Arbeitskräftebedarf gedeck werden. Österreich gehört jedoch gerade was die Beschäftigung älterer Menschen betrifft, zu den Schlusslichtern in Europa. Laut Draxl sind derzeit nur 11 Prozent der 60- bis 65-Jährigen erwerbstätig. Die EU will - als Reaktion auf das Kippen der Altersstruktur - innerhalb der nächsten 10 Jahre eine Erwerbsquote von 50 Prozent für diese Altersgruppe erreichen.
In Europa die alten Eisen, in Asien die alten Weisen?
Dies wird jedoch ohne eine grundlegende Änderung unserer Einstellung älteren Menschen im Allgemeinen und älteren Arbeitnehmern im Besonderen gegenüber nicht möglich sein - wobei "älter alles ab 40" bedeutet, wie Susanne Oberleitner-Fulmek, selbständige Organisationsberaterin und bei der Voest Alpine für das Senior Experts Programm LIFE verantwortlich, anmerkt.
Für Wolfgang Penzias, jahrzehntelang Handelsdelegierter in Tokio und nun als Länderreferent der Wirtschaftskammer für die Außenwirtschaft in Fernost zuständig, existiert in Asien ein anderer Umgang mit den besonderen Fähigkeiten und Eigenschaften älterer Arbeitnehmer. So sei etwa der Umgang japanischer Unternehmen mit dem Wissen und der Erfahrung ihrer Mitarbeiter - trotz aller Strukturprobleme des Wirtschaftsstandortes - "nach wie vor vorbildlich". Penzias nennt dafür drei Gründe: Das Senioritätsprinzip in Karrierefragen, das dem Einzelnen ein hohes Maß an Sicherheit bietet, eine konsensorientierte Kultur des Umgangs von Unternehmen und Gewerkschaften sowie ein hohes Maß an Flexibilität seitens der Arbeitnehmer, die auch die Bereitschaft zum Gehaltsverzicht miteinschließt. Vor allem letzteres gewinnt vor dem Hintergrund der jahrelangen Deflation, die Japan heimsucht, an Bedeutung. Demgegenüber fehle Europa, so Penzias, die Erfahrung für den Umgang mit flächendeckend sinkenden Preisen.
Erfahrung und Reife als wertvolle Kompetenzen
Anders als in Asien, werde bei uns jedoch der - durchaus auch unternehmerische - Wert des Alters nicht bzw. noch nicht erkannt, ist Eugen Krammer überzeugt. Krammer muss es wissen, schließlich wurde ihm - nach 35 erfolgreichen Jahren in der Computer- und Kommunikationsbranche - mit 58 nahe gelegt, er möge doch mit 59 in den Ruhestand übertreten. Der ehemalige Siemens-Vorstand sah sich jedoch noch nicht als Mitglied der "alten Eisen"-Fraktion. Statt dessen predigt er nun - unter anderem als Vorstandsvorsitzender von ASEP (Austrian Senior Experts Pool) - den besonderen Wert älterer Arbeitnehmer für Unternehmen.
Während nämlich ab 40 die körperlichen Fähigkeiten unzweifelhaft abnehmen und die psychischen Fähigkeiten - ein gewisses Training vorausgesetzt - stabil bleiben, nehmen Kompetenzen wie Erfahrung und Reife mit dem Alter zu. Ideal kommen diese Fähigkeiten zum Vorschein, wenn sie mit jenen der Jüngeren gekoppelt werden, erläutert Krammer: "Während junge Menschen eher zu Innovationen neigen, streben Ältere eher nach Verbesserungen des Bestehenden."
Für Krammer verhindern jedoch Akzeptanzprobleme, dass diese genuinen Fähigkeiten der Generationen in Österreich eine fruchtbare Symbiose eingehen. So fehle es an geeigneten Aus- und Weiterbildungsstrukturen, werde nach wie vor einem zweifelhaften Verjüngungszwang im Managementbereich gehuldigt und mangle es an geeigneten Anreizen für ältere Arbeitnehmer, die noch dazu von Symptomen wie "Burn-out" überdurchschnittlich oft heimgesucht würden. Nicht selten jedoch scheitere aber auch der sinnvolle Einsatz der Älteren an deren mangelnder Flexibilität, was die Anpassung an neue Rahmenbedingungen etwa im Bereich unternehmerischen Handelns betrifft. Und so passiert es eben, dass die Verbindung der Dynamik und Kreativität der Jungen mit der Erfahrung und Reife der Älteren hierzulande nur allzu oft unterbleibt.
Arbeitswelt 2025: Sicherheit als Mangelware
"Sicherheit im herkömmlichen Sinn wird es in der Arbeitswelt des Jahres 2025 nicht mehr geben", ist Oberleitner-Fulmek überzeugt. Flexibilität werde dabei zur Schlüsselqualifikation. Auch die Frage von - mitunter - zeitlich bedingten Gehaltskürzungen würde dann nicht länger ein Tabu sein. Dem Einzelnen falle dabei in erster Linie die Verantwortung für seinen eigenen Gesundheitszustand zu, denn Altern sei nicht zwingend "ein abnehmender Prozess".
Die Verantwortung der Unternehmen skizziert Oberleitner-Fulmek anhand der Voest. Diese habe erkannt, dass in den nächsten 10 Jahren jeder fünfte Schichtarbeiter über 50 sein wird. Daraus gelte es nun, die richtigen Schlussfolgerungen für die Schaffung neuer Rahmenbedingungen zu ziehen, denn "die Arbeit muss sich dem Menschen anpassen, nicht umgekehrt", ist sie überzeugt.
Nach dieser Philosophie ist auch das Voest-Projekt LIFE aufgebaut, das Oberleitner betreut: Lebensfroh, Ideenreich, Fit und Erfolgreich. Dieses widme sich vor allem der Entwicklung von Fähigkeiten und Projekten, die einen Beitrag zur Schaffung der oben erwähnten neuen Rahmenbedingungen für den Arbeitsalltag leisten sollen. Dabei spiele vor allem eine ausgewogene Balance zwischen jung und alt eine wichtige Rolle. Diese sei sowohl für die eigene persönliche Weiterentwicklung wie auch für das Unternehmen wertvoll, ist Oberleitner-Fulmek genauso wie Krammer überzeugt.
Die Hauptverantwortung für die persönliche Entwicklung werde aber - in Zukunft noch viel mehr als heute - bei jedem Einzelnen selbst liegen. Auch die Lust an der Arbeit, das Arbeitsinteresse müsse bis ins Alter hinein beibehalten werden.
Kernkompetenzen 2025: Fit, team- und projektfähig
Die Arbeitswelt des Jahres 2025 werde dabei vor allem nach drei Kernkompetenzen verlangen: Neben der Gesundheit zählen dazu die Fähigkeit zu Team- und Projektarbeit. Für Krammer macht sich hier jedoch negativ bemerkbar, dass Europa im Gegensatz zu den USA über keine qualitativ orientierte Projektkultur verfüge. Stattdessen dominiere das Denken in vor allem quantitativ ausgerichteten Geschäften.
Sehr viel werde für die heute 40-Jährigen auch davon abhängen, ob es gelingt, die Lebensplanung bewusst darauf auszurichten, bis 65 oder gar 70 im Erwerbsleben zu stehen, ist Draxl überzeugt: Ob jemand mit dem häufigen Wechsel zwischen Selbständigkeit und Beschäftigung, zwischen Ein- und Aussteigen klar kommen wird, werde maßgeblich von diesem Bewusstseinsprozess abhängen.
Offen ist dabei vor allem, wie vor diesem Hintergrund der gleichsam permanenten Veränderung Aus- und Weiterbildung organisiert werden muss. Sicher sei lediglich, dass das Lernen "weniger gestützt" stattfinden werde. Für Draxl wird auch von daher das selbständige und eigenverantwortliche Handeln gefordert sein.
Tipps und Informationen zum Thema "Senior Skills" finden Sie im Internet unter http://www.arbeitundalter.at http://www.asep.at http://www.euspug.at http://www.atmg.at
Mitarbeit: Barbara Ottawa
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