Die Republik braucht dringend mehr Transparenz.
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Wenn besonnene Institutionen wie der Verein der Chefredakteurinnen und Chefredakteure oder der Presseclub Concordia vor einem Anschlag auf die Pressefreiheit warnen, dann gibt es ein schweres Problem.
Was ist passiert? Die Kärntner Staatsanwaltschaft nahm diese Woche Ermittlungen gegen den Kärntner Investigativjournalisten Franz Miklautz wegen des "Beitrags zur Verletzung des Amtsgeheimnisses und Verletzung des Datenschutzgesetzes" auf, Miklautz’ Computer und Mobiltelefon wurden von den Ermittlungsbehörden sichergestellt. Das Vorgehen der Justiz sei ein frontaler Angriff auf das Redaktionsgeheimnis, rote Linien würden hier überschritten, hieß es seitens des Vereins der Chefredakteurinnen und Chefredakteure und des Presseclubs Concordia. "Die Vorgehensweise ist ein extremer Schlag gegen die Pressefreiheit. Wenn das Schule macht, müssen sich alle Journalisten fragen, ob sie künftig noch Informationen bekommen", sagte der Präsident von Reporter ohne Grenzen Österreich, Fritz Hausjell, der Nachrichtenagentur APA.
Miklautz hatte über Misswirtschaft rund ums Klagenfurter Rathaus berichtet und dabei aus geheimen Unterlagen zitiert, seine Aufdeckergeschichten rund um den Klagenfurter Flughafen und das Klagenfurter Rathaus haben in den vergangenen Wochen und Monaten immer wieder für Aufsehen gesorgt.
Die Causa erinnert fatal an eine Anzeige der Korruptionsstaatsanwälte wegen übler Nachrede gegen die damalige "Presse"-Journalistin (und heutige "profil"-Chefredakteurin) Anna Thalhammer, auch damals wurde der mangelnde Respekt der Justiz gegenüber der vierten Gewalt im Staat - dem Journalismus - deutlich.
Während die Justiz die Muskeln gegen einen engagierten Journalisten spielen lässt, wartet die Bürgerschaft noch immer auf das lange ersehnte Informationsfreiheitsgesetz.
Und genau dort muss angesetzt werden: In der Post-Ibiza-Republik mangelt es Vertretern der Classe politique und der Justiz noch immer am Verständnis für den Wert die Arbeit engagierter Journalisten für das Funktionieren des Staatswesens.
Und während die Arbeit der mit Steuergeld finanzierten Behörden und Institutionen mit dem Verweis auf das Amtsgeheimnis weiter das Werk von Geheimniskrämern bleibt, wird das vom Recht ausdrücklich geschützte Redaktionsgeheimnis - das vor allem dem Schutz investigativer Arbeit dient - mit Füßen getreten.
Transparenzhinweis: Der Autor dieses Leitartikels ist noch bis zur Einstellung der Printausgabe der "Wiener Zeitung" Mitglied beim Verein der Chefredakteurinnen und Chefredakteure, beim Presseclub Concordia und bei Reporter ohne Grenzen hoffentlich noch länger.