)
Ausstellung zur Bibel in den drei großen Weltreligionen: "Kinder Abrahams".
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 10 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Wien. Sie haben einen gemeinsamen Stammvater - Abraham - und beziehen sich - wenn auch in unterschiedlicher Weise - auf das gleiche Buch: die Bibel. Judentum, Christentum und Islam trennt zwar vieles, doch die neue Ausstellung "Kinder Abrahams" im Papyrusmuseum der Österreichischen Nationalbibliothek, die bis 11. Jänner 2015 läuft, will mehr das Gemeinsame an diesen drei Weltreligionen betonen.
Mit mehr als 90 einzigartigen Exponaten illustriert die Schau das Entstehen und die Wirkungsgeschichte der Bibel, die für mehr als zwei Milliarden Menschen - Juden und Christen - Basis ihres Glaubens und auch für Muslime ein Buch mit heiligen Texten bedeutet. Während sich der offizielle Kanon der biblischen Schriften bildete, und Jahrhunderte darüber hinaus, waren freilich noch etliche Texte -"Apokryphen" - im Umlauf, die den Religionsvertretern aber nicht bibeltauglich erschienen. Ein Highlight der Schau ist etwa das "Nikodemus-Evangelium" aus dem 5. Jahrhundert, das Jesu Abstieg in die Hölle zwischen Kreuzigung und Auferstehung beschreibt.
Bestand einmal ein anerkannter Standardtext, so durfte dieser nicht mehr verändert, sondern musste wortgetreu überliefert und vervielfältigt werden. Auch in den ersten Übersetzungen bemühte man sich sehr, den Satzbau und Wortgebrauch der Vorlage nachzuahmen, etwa in der ersten Übersetzung der Hebräischen Bibel ins Griechische, der ab dem 3. Jahrhundert entstandenen Septuaginta, die noch mit "Hebraismen" durchsetzt ist. In der Schau zeigt ein Papyrusblatt einen Teil von Psalm 9 in der Septuaginta-Übersetzung. Auffällig sind jüdische Schriftzeichen auf der Rückseite, was darauf hindeutet, dass die Rolle jüdischen Ursprungs war und man in Ägypten im 5. Jahrhundert noch die hebräische Schrift beherrschte.
Eine hier ausgestellte frühe Koranhandschrift weist die christliche Lehre, Gott habe einen Sohn, zurück. Als Beispiel kultureller Vielfalt gilt ein Messbuch-Fragment (13. Jahrhundert), das in griechischer, koptischer und arabischer Sprache verfasst ist.
Laut Bernhard Palme, Chef von Papyrusmuseum und -sammlung, sind nur etwa sieben Prozent der bisher weltweit gesammelten Papyri identifiziert. Für die Wiener Sammlung, die mit über 180.000 Objekten zu den größten ihrer Art zählt, liege der Prozentsatz etwas höher. Auf jeden Fall aber hätten damit noch Generationen von Papyrus-Forschern - selbst wenn fast keine neuen Papyri mehr auftauchen sollten - Arbeit genug.