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Was gegen eine Europäische Handelsagentur spricht

Von Erhard Fürst

Gastkommentare
Erhard Fürst war Leiter der Abteilung Industrie- und Wirtschaftspolitik in der Industriellenvereinigung. Foto: privat

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In ihrem Gastkommentar in der "Wiener Zeitung" vom 8. Februar treten Georg Hubmann und Klaus Baumgartner für die Schaffung einer Europäischen Handelsagentur für Waren ein, die festlegt, welche Waren in die EU importiert werden dürfen, abhängig von der Qualität der Produkte und den sozialen und ökologischen Bedingungen ihrer Produktion vor Ort. Damit wäre es für Konzerne nicht mehr leicht möglich, Ausbeutung von Menschen in Ländern des globalen Südens oder Raubbau an der Umwelt zu ignorieren oder gar - horribile dictu - für den eigenen Profit in Kauf zu nehmen.

Dieses sympathisch klingende und noch dazu von einem Nobelpreisträger wohlwollend kommentierte Konzept ist nur leider in Wahrheit unmöglich zu administrieren, würde die Weltwirtschaft in eine nachhaltige, schwere Krise stürzen und hat große Ähnlichkeit mit den handelspolitischen Vorstellungen von Donald Trump

Die Kontrolle von hunderttausenden Warenimporten aus mehr als hundert Ländern bedarf eines kaum vorstellbaren Bürokratiemonsters. Auf die Importeure kämen unmöglich zu erfüllende Nachweispflichten zu, dass ein Produzent in fernen Landen inklusive aller seiner Zulieferer die von Europa verordneten Standards einhielte. Wie geht die Agentur mit importierten Handys oder Autos um, die Komponenten aus mehreren Ländern enthalten? Im Übrigen sind nicht nur multinationale Konzerne betroffen, sondern jeder beliebige Importeur von Kiwis, Spielzeug, billigen Jeans etc.

Die Folge wäre ein schwerer Einbruch im internationalen Warenhandel, der vor allem Entwicklungs- und Schwellenländer träfe, für die Exporte die große Chance darstellen, um der tiefen Armut zu entkommen. Ihnen unsere westlichen Umwelt- und Sozialstandards aufzwingen zu wollen, wäre schlicht und einfach unmoralisch. Umso mehr, als künstliche Intelligenz und Roboterisierung ohnehin ihre bestehenden Standortvorteile bedrohen. Aber auch die Kaufkraft einkommensschwächerer Schichten in Europa würde durch die Verteuerung oder gar den Wegfall importierter Produkte massiv reduziert. Eine klassische Lose-Lose-Situation.

Sich als Zuchtmeister der Zweiten und Dritten Welt aufspielen zu wollen, würden diese Länder als unerträgliche Anmaßung empfinden. Im Übrigen sollte klar sein, dass primär die einzelnen Länder selbst für die Vorgabe und Einhaltung sozialer, arbeitsrechtlicher und bautechnischer Standards auf ihrem Territorium zuständig sind und nicht ausländische Abnehmer und Käufer ihrer Produkte. Wird diese Zuständigkeit nicht wahrgenommen, kann über internationale Vereinbarungen und Organisationen sowie im Rahmen der Entwicklungshilfe Druck ausgeübt werden.

Alle Unterstützung den zahlreichen wertvollen Initiativen und Aufklärungstätigkeiten von NGOs, internationalen Organisationen, aber immer häufiger auch von Multis. Aber alles gegen eine zwangswirtschaftlich-bürokratische Abschottungspolitik mit katastrophalen Konsequenzen.