Zum Hauptinhalt springen

Was haben die Bosse gewusst?

Von Harald Waiglein

Wirtschaft

+++ Enron-Chefs Lay, Skilling vor Gericht. | Anklage wegen Bilanzfälschung und Insiderhandel. | Beweisbarkeit jedoch fraglich. | Houston. Der Name Enron ist längst keine einfache Firmenbezeichnung mehr. Er ist bereits zum Symbol für die schlimmsten Auswüchse eines ungebremsten Kasinokapitalismus geworden, wie er Ende der 90er Jahre an den Börsen herrschte.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 18 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Als der Energie-Händler Enron im Dezember 2001 Pleite machte, war das die größte Firmen-Insolvenz in der Geschichte der USA. Allerdings dauerte es nur etwas mehr als ein halbes Jahr, bis sie von der Pleite des Telekom-Konzerns WorldCom übertroffen wurde. Der ehemalige WorldCom-Chef Bernie Ebbers wurde mittlerweile wegen Bilanzfälschung zu 25 Jahren Haft verurteilt.

Mit Enron fing es an

Enron war der Beginn einer Vertrauenskrise. Die Anleger merkten plötzlich, dass die Bilanzen, die große, bösenotierte Unternehmen veröffentlichten, nicht wirklich verlässlich waren. Der Zusammenbruch einer der größten Wirtschaftstreuhandgesellschaften der Welt, Arthur Andersen, die sowohl die Bilanzen von Enron als auch von WorldCom geprüft hatte, tat dazu ein übriges. Die Krise drückte die Börsenkurse über ein Jahr in den Keller und hatte zahlreiche Gesetzesreformen im Wertpapierbereich zur Folge.

Noch nichts bewiesen

Ab Montag stehen nun Kenneth Lay, der Gründer von Enron und langjähriger Chef, sowie Jeffrey Skilling, sein Nachfolger an der Unternehmensspitze, vor dem Strafgericht.

Lay war von 1986 bis Februar 2001 Vorstandsvorsitzender. Skilling übernahm dann das Ruder, übergab aber schon im August 2001 überraschend wieder zurück an Lay. Zwei Monate später musste Enron unerwartet hohe Verluste für das dritte Quartal einräumen. Im Dezember 2001 folgte schließlich die Insolvenz.

Mittlerweile ist gerichtlich erwiesen, dass Enron verlustträchtige Geschäfte in einer ausgegliederten Gesellschaft versteckt hat. Diese Gesellschaft wurde von Andrew Fastow, einem früheren Finanzvorstand von Enron, geleitet. Fastow drohten 40 Jahre Haft. Er bekannte sich des Betruges schuldig und erklärte sich bereit, mit den Ermittlern zu kooperieren. Im Gegenzug wurde seine Haftstrafe auf 10 Jahre herabgesetzt.

Noch nicht bewiesen ist allerdings, dass Lay und Skilling bewusst und in betrügerischer Absicht falsche Angaben zum Zustand von Enron gemacht haben. Sie räumen ein, dass ihre Buchhaltungspraktiken durchaus "kreativ" und "aggressiv" waren, aber nicht illegal. Damit Lay und Skilling verurteilt werden, muss eindeutig bewiesen werden, dass beide wussten, dass sie etwas Illegales taten.

Ein solcher Beweis ist allerdings schwierig: Arthur Anderson etwa wurde wegen des Vernichtens von Enron-Unterlagen nicht verurteilt. Es war nicht belegbar, dass das Unternehmen wusste, dass die Vernichtung illegal war.