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Was Hänschen nicht lernt, kann Hans nachholen

Von Christine Zeiner

Wirtschaft

Anstatt mit den Freunden nach der Arbeit auf ein Bier zu gehen, sitzt man vor dem Skript. Nur nicht ablenken lassen - nicht von den beginnenden Nachrichten im Fernsehen, nicht vom quengelnden Sohn, nicht vom Fettfleck in den Unterlagen, nicht vom Gedanken an Schokolade oder der plötzlichen Überzeugung, dass genau jetzt der richtige Zeitpunkt fürs Staubwischen wäre. Wer die Matura nachholt oder für die Studienberechtigungsprüfung lernt, braucht Disziplin.


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"Es ist nicht ganz leicht", weiß Eva Braun, Bildungsberaterin in der Arbeiterkammer (AK). Sie informiert alle, die am "Zweiten Bildungsweg" interessiert sind. "Unter 'Zweiter Bildungsweg' versteht man das Nachholen von formellen Abschlüssen", erklärt Braun. Es muss also nicht unbedingt die Matura sein. Die Möglichkeiten, einen Abschluss nachzuholen, sind vielfältig.

Berufsreifeprüfung und Studienberechtigung

Seit September 1997 gibt es die Möglichkeit, eine Berufsreifepüfung abzulegen. Absolventen erwerben die allgemeine Studienberechtigung. Sie können uneingeschränkt an Universitäten, Fachhochschulen und Akademien studieren oder ein Kolleg besuchen. Ein Studienwechsel ist jederzeit möglich.

"Diesen Weg gehen relativ viele, weil er offenbar sehr erwachsenengerecht ist", sagt Braun. Der Lehr- bzw. Fachschulabschluss wird angerechnet, die Prüfung besteht aus vier Bereichen. Die AK bietet Bildungsschecks, auch der WAFF (Wiener ArbeitnehmerInnenförderungsfonds) unterstützt finanziell.

"Die Studienberechtig ist hingegen keine vollwertige Matura", betont Braun. "Sie berechtigt zu einem ganz bestimmten Studium, die Fächer sind schon sehr an der künftigten Ausbildung orientiert." Üblicherweise sind die Kurse auf ein bis eineinhalb Jahre ausgelegt. Es gibt die Möglichkeit, staatliche Studienbeihilfe zu beziehen.

Reifeprüfung und Externistenmatura

Wer die Matura kostenlos an einer staatlichen Abendschule erwerben will, muss Montag bis Freitag drei Stunden täglich die Schulbank drücken. Im Rahmen des Fernstudiums hat der Schüler nur zwei Abende anwesend zu sein. Die Gesamtdauer ist die gleiche: Nach neun Semestern kann die Reifeprüfung abgelegt werden, bei Vorkenntnissen auch in kürzerer Zeit. "Private Anbieter der Externisten-Matura werben damit, dass es schneller geht", berichtet Braun. Stipendien gibt es dabei aber keine, Kurskostenförderungen sind teilweise möglich.

Die Mitarbeiter der AK-Bildungsberatung werden oft gefragt, was "besser" sei: Studienberechtigung, Berufsreife oder Matura. Dazu sagt Braun: Das müsse individuell beurteilt werden. Existiert etwa ein konkreter Studien- oder Berufswunsch, kann die Studienberechtigungsprüfung die richtige Wahl sein. Ist das nicht der Fall, und der- bzw. diejenige ist zudem erst Anfang Zwanzig, rät die AK vielleicht eher zur (Berufs-)Reifeprüfung. "Aber dann kann es passieren, dass jemand schreit: Jessas, da muss ich ja Mathematik lernen. Vielleicht ist dann doch eine Studienberechtigungsprügung besser", meint Braun.

Arbeit mit Lehrabschluss für Spätberufene

Wer die Lehre abgebrochen hat oder etwa in einer Supermarktfiliale ohne der Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau oder zum Einzelhandelskaufmann arbeitet, kann den Lehrabschluss nachholen - sofern sie oder er (in der Regel) zwei Jahre in dem jeweiligen Beruf tätig war. Braun: "Es gibt immer wieder Dreißigjährige, die zum Beispiel den Abschluss eines pharmazeutisch-kaufmännischen Assistenten machen wollen." Die Vorbereitungslehrgänge sind gebührenpflichtig, es können Anträge auf eine Kurskostenförderung (etwa beim WAFF) gestellt werden.

Beim Alter sind nach oben hin übrigens keine Grenzen gesetzt: "Die Frage stellt sich nur nach der Sinnhaftigkeit, wenn man sich noch beruflich verändern möchte", hält Braun fest. Ansonsten stünde es jedem frei, sich auch ohne ein berufliches Ziel weiterzubilden.

Mehr Informationen:

http://www.arbeiterkammer.at Tel: 01/50165-2576

Berufsinformationszentren des Arbeitsmarktservice (AMS) http://www.ams.or.at