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Was ist bloß mit den Hypos los?

Von Peter Muzik

Wirtschaft

Kärntner Hypo hat die größten Probleme. | Rote Zahlen, Personalabbau und frustrierte Aktionäre. | Raiffeisen und Bundesländer müssen aushelfen. | Am ärgsten hat es die Nummer eins erwischt: Die Hypo Group Alpe Adria musste sich kürzlich 900 Millionen Partizipationskapital vom Staat holen, um über die Runden zu kommen. Im Vorjahr ist die Kärntner Bank mit 520 Millionen in die Verlustzone gerasselt. In den nächsten fünf Jahren muss Österreichs sechstgrößtes Kreditinstitut 2100 seiner 8100 Mitarbeiter einsparen. Der bisherige Vorstandsvorsitzende Tilo Berlin gab mit 30. April auf und wird durch Ex-Volksbank-Boss Franz Pinkl ersetzt.


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Die Hypo Alpe Adria ging 1988 nach Italien, weil ihr das klassische Geschäft des Sektors - Finanzierung öffentlicher Institutionen, Wohnbau und Begebung von Pfandbriefen - nicht mehr genügt hat. Sie konzentrierte sich auf die Bereiche Bank und Leasing und breitete sich rasant in Kroatien, Bosnien, Herzegowina, Mazedonien, Serbien, Slowenien und Ungarn aus - neuerdings auch in Bulgarien und der Ukraine.

Mittlerweile ist das Institut in zwölf Ländern mit 380 Standorten vertreten und betreut mehr als 1,2 Millionen Kunden. In nur 23 rot-weiß-roten Filialen kümmern sich 630 Mitarbeiter um 126.000 Österreicher - in Kroatien oder Bosnien-Herzegowina hat die Hypo Group schon mehr Beschäftigte, Zweigstellen und Kunden als am Heimmarkt.

Dem Aufstieg folgte wegen fauler Kredite am Balkan ein dramatischer Absturz: Jetzt ist beinhartes Sanieren angesagt. Vieles deutet darauf hin, dass sich die selbst schwer angeschlagene Bayerische Landesbank als Hauptaktionärin verabschieden wird. Sie hatte das Institut erst Mitte 2007 für 1,65 Milliarden Euro mehrheitlich erworben.

Die dramatische Situation verdeutlicht die Probleme der einst durchwegs im Besitz der Bundesländer befindlichen Landes-Hypothekenbanken (siehe Wissen): Die in acht Regionen vertretenen Hypos - die Wiener Hypothekenbank ging an die Zentralsparkasse und damit später an die Bank Austria - wurden teils von Raiffeisen, teils von der Grazer Wechselseitigen und teils von ausländischen Aktionären in Beschlag genommen. Nur in Tirol und Niederösterreich befinden sie sich als Landesbanken an der Kandare der Politik.

Raiffeisen hält zwei Hypos über Wasser

Auch wenn die Hypos im Schatten der Blöcke Raiffeisen, Sparkassen und Volksbanken stehen, verstehen sie sich als regionale Universalbanken. Sie haben sich sukzessive hunderte Töchter und Beteiligungen zugelegt und sind auf ausländischen Nachbarmärkten präsent. Die Finanzkrise bereitet der Hypo-Familie jedoch jede Menge Probleme.

Bei der Hypo Niederösterreich etwa brach der Gewinn 2008 infolge hoher Kreditwertberichtigungen und Abwertungen massiv ein: Das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (EGT) sank von 11 Millionen auf 639.000 Euro. Das Land Niederösterreich musste schon im vergangenen Jahr 50 Millionen Euro zur Stärkung bereitstellen.

Die Hypo, die zweigeteilt als NÖ Landes-Hypothekenbank und Hypo Investmentbank agiert, ist dem Vernehmen nach an der mysteriösen Veranlagung von niederösterreichischen Wohnbaudarlehen beteiligt, bei der laut einem Gutachten eine Milliarde Euro in den Wind geschrieben wurde. Der zuständige Finanzlandesrat Wolfgang Sobotka sieht das anders und hält derartige Mutmaßungen für "absurd".

Bei den Hypos in Oberösterreich und Salzburg wiederum musste Raiffeisen-Zampano Ludwig Scharinger mit Haftungen aushelfen, damit seine beiden Tochtergesellschaften die hohen Abschreibungen infolge Wertpapierkursverlusten verkraften und positiv bilanzieren konnten. Andreas Mitterlehner, Generaldirektor der Hypo Oberösterreich, streut daher Rosen: "Unsere potenten Eigentümer sind die Eckpfeiler für die Sicherheit unseres Hauses." Sein Institut konnte im Vorjahr zwar die Bilanzsumme und das Kreditvolumen um 10,5 Prozent steigern, der Jahresüberschuss von 23 Millionen Euro blieb eher bescheiden.

Bei der Salzburger Landes-Hypothekenbank indes, die laut Generaldirektor Reinhard Salhofer "ein herausforderndes und schwieriges Jahr" hinter sich hat, lief es noch schlechter: Trotz 8,5 Prozent Zuwachs bei der Bilanzsumme musste sie sich mit einem mageren EGT von 1,85 Millionen Euro begnügen. Raiffeisen-Boss Scharinger, der mit 27. Oktober 2008 eine Haftungserklärung bis zu einem Betrag von 76 Millionen abgegeben hat, musste ihr auch heuer 25 Millionen Partizipationskapital zuschießen.

Nur die Vorarlberger sind bisher krisenfest

Bei der Landes-Hypo Steiermark hinterließ die Krise noch tiefere Spuren: Sie muss bei einer um drei Prozent gestiegenen Bilanzsumme von drei Milliarden ein EGT von minus 71 Millionen Euro verkraften. Der Bilanzgewinn wurde nach Auflösung von Rücklagen mit null ausgewiesen. Die Steirer hatten 2005 durch geplatzte Leasing-Geschäfte ihrer Kroatien-Tochter massive Verluste eingefahren, die indes aus eigener Kraft verdaut wurden. Das vor zwei Jahren bestellte neue Cheftrio unter Generaldirektor Martin Gölles soll dafür sorgen, dass nicht noch Schlimmeres passiert.

Die Bank Burgenland, die "Hypo" aus ihrem Namen lieber ausklammert, hat sich nach dem vom Großkreditnehmer Alejandro Hom-Rusch verursachten Skandal des Jahres 2000 einigermaßen erfangen. Aber die im Oktober 2008 eingesetzte Führung unter Generaldirektor Christian Jauk macht ebenfalls harte Zeiten durch: Das Institut, das im Mai 2006 vom Land für 100 Millionen Euro an die Grazer Wechselseitige (Grawe) verkauft wurde, zittert einer Entscheidung aus Brüssel entgegen, ob die Transaktion rechtens war. Die ukrainische Slav-Gruppe hätte nämlich mehr bezahlt. Sofern die EU der steirischen Grawe eine Strafzahlung aufbrummt, wäre der Ausstieg des Bank-Burgenland-Aktionärs nicht auszuschließen.

Auch die Hypo Tirol Bank befindet sich auf einem turbulenten Kurs: Sie schloss das letzte Geschäftsjahr mit einem Konzerngewinn von 16,7 Millionen Euro ab - ein Einbruch um die Hälfte. Für Vorstandschef Hannes Gruber ist das "ein Wermutstropfen und schmerzt" - das Wertpapierportfolio musste nach dem Crash der Investmentbank Lehman Brothers neu bewertet werden. Dennoch sei das Institut laut Aufsichtsratspräsident Helmut Mader "bisher mit wenigen Schrammen durch die Krise gekommen".

Für heuer wurde freilich der Ausbau des Filialnetzes außerhalb Tirols vorerst auf Eis gelegt. Es ist nicht auszuschließen, dass demnächst die Hilfe des Landes, etwa in Form von Haftungen, in Anspruch genommen werden muss.

Das einzige Hypo-Institut, das keine Probleme zu haben scheint, ist die Landes-Hypothekenbank Vorarlberg: Sie fuhr im Vorjahr ein konzernweites EGT von 50 Millionen ein - lediglich 17 Prozent Minus - und steigerte die Bilanzsumme um 9,8 Prozent. Als Unternehmer-, Wohnbau- und Veranlagungsbank positioniert, hat sie mit Aa1 das beste Moody´s-Rating einer heimischen Bank. Boss Jodok Simma: "Unser ziemlich krisenfestes Geschäftsmodell bewährt sich unter schwierigen Marktbedingungen."

Wissen: Die Hypo-Banken

Die Landes-Hypothekenbanken wurden um die Wende zum 20. Jahrhundert von den Bundesländern gegründet. Sie haben gemäß Satzung die Aufgabe, den Geld- und Kreditverkehr in den jeweiligen Regionen zu fördern. 1947 wurde der Verband der österreichischen Landes-Hypothekenbanken gegründet, dem zehn Institute angehören - Kärnten mit der Hypo Alpe-Adria-Bank und der Hypo-Alpe-Adria-Bank International sowie Niederösterreich mit der Nö. Landes-Hypothekenbank und der Hypo Investmentbank gleich zweifach.

Heute fungieren die Hypos als regionale Universalbanken mit Spezialvorteilen im langfristigen Geschäft und sind allesamt als Aktiengesellschaften aufgestellt. Ihr Schwerpunkt liegt in der Gewährung von Hypothekardarlehen, vor allem an Körperschaften. Neben dem traditionellen Geschäftsfeldern Wohnungsbau und Kommunalkrediten sind sie auch im Firmen- und Privatkundengeschäft engagiert. Die Mittel beschaffen sich die heutigen Hypo-Banken vorwiegend durch Ausgabe von Pfand- und Kommunalbriefen.

* Die Landes-Hypos sind mit 167 Filialen vertreten: Die Volksbanken haben fast drei Mal, der Sparkassensektor sechs Mal, die Aktienbanken fünf Mal und der Raiffeisensektor zehn Mal so viele Zweigstellen.

* Die Hypos beschäftigen 4500 Mitarbeiter - viel weniger als der Raiffeisensektor (24.100), die Aktienbanken (22.700) und der Sparkassensektor (ca. 16.000).

* Die Bilanzsumme von 74 Milliarden Euro ist wesentlich niedriger als die des Sparkassensektors (138 Mrd.) oder der Aktienbanken (230 Mrd. Euro).