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Was ist mit den Europaparteien SPÖVP passiert?

Von Matthias Strolz

Gastkommentare
Matthias Strolz ist Klubobmann der Neos.

Es ist offenbar leichter, gegen "die EU" zu wettern, als sich gegen die eigenen "Parteifreunde" in den jeweiligen Kammern durchzusetzen.


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Friedensnobelpreisträger - eine Auszeichnung, die ich gemeinsam mit 500 Millionen Europäerinnen und Europäern mit Stolz trage und sogar in meinem Lebenslauf festhalte. "Warum?", werde ich oft gefragt. Ganz einfach: weil wir uns immer wieder aufs Neue bewusst machen müssen, dass das Friedensprojekt Europa keine Selbstverständlichkeit ist. Über Jahrzehnte haben wir daran gearbeitet, dass sich Europa selbst als Gemeinschaft wahrnimmt. Kein leichtes Unterfangen - und weit davon entfernt, jemals abgeschlossen zu sein.

Es ist wie mit jeder Beziehung: Man muss daran arbeiten, Rückschläge hinnehmen, daran wachsen und gemeinsam weitergehen. Genau das vermisse ich bei SPÖVP. Ja, sie gehen weiter. Aber sie gehen alleine. Ich kann von unserer Regierung keine kraftvollen Vorstöße für gelingende Zusammenarbeit im Rahmen der Europäischen Union erkennen - weder im Asyl- noch im Arbeitsmarkt-Bereich. Eigentlich in gar keinem Bereich.

Sie haben aus populistischem Kalkül Europa aufgegeben und satteln nun das neo-nationalistische Pferd. Um uns "vor dem Vormarsch der Rechten" zu schützen, wie Sozialminister Alois Stöger fast schon bewundernswert ehrlich zu Protokoll gibt. Eine weitere Entsolidarisierung in der EU sieht Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil und erklärt, dass "die EU daran selbst schuld" sei. Außenminister Sebastian Kurz arbeitet an nationalen Regeln, die Kinderbeihilfe ins EU-Ausland zu kürzen. "Wir lassen uns von den Ungarn nicht stoppen", gibt er die Richtung vor. Und der Kanzler präsentiert mit dem Vizekanzler eine Teilabschottung des Arbeitsmarktes, die als "Lohnnebenkostensenkung" gefeiert und als notwendig gesehen wird, um die "Interessen der österreichischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu wahren".

Sie gieren nach Applaus für diese neo-nationalistischen Manöver. Doch sie haben einen gefährlichen Weg eingeschlagen. Schritt für Schritt wird einer der Grundpfeiler der EU, die Arbeitnehmerfreizügigkeit, auf dem Altar des Populismus geopfert. Doch die Annahme, dass ganz einfach Arbeitsplätze für Österreicherinnen und Österreicher geschaffen werden, indem wir es EU-Ausländern erschweren, zu uns zu kommen, ist leider falsch. Die Wahrheit ist: Jobs werden nicht von der Politik geschaffen. Unternehmen schaffen Jobs - wenn die Rahmenbedingungen passen. Lohnnebenkosten zu senken, ist der richtige Weg - nur passiert genau das nicht. Der Beschäftigungsbonus ist ein bürokratisches Monster, das zeitlich befristet ist, im Nachhinein gewährt wird und von den Unternehmen bürokratisch beantragt werden muss. Eine echte Senkung der Lohnnebenkosten bedingt echte Reformen. Zum Beispiel die, dass die Wirtschaftskammer auf die Kammerumlage 2 verzichtet. Aber es ist natürlich leichter, gegen "die EU" zu wettern, als sich gegen die eigenen "Parteifreunde" in den jeweiligen Kammern durchzusetzen. Dann dürfen wir uns aber nicht wundern, wenn uns das einstige Friedensprojekt irgendwann um die Ohren fliegt.