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Was kommt nach Assad?

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

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Der Bombenanschlag in Damaskus, der engste Vertraute von Bashar al-Assad tötete, sowie die Flucht mehrerer hoher Militärs des Regimes in die Türkei zeigen, dass Assads Tage gezählt sind. Was danach in Syrien passiert, interessiert wohl nicht nur die USA und Russland, sondern vor allem die Nachbarländer. Und da werden zwei zusammenarbeiten müssen, die sich zuletzt auch nicht besonders grün gewesen sind: die Türkei und Israel.

Auch Israel muss sich - nach dem Sturz Assads - auf Flüchtlingsströme einstellen, vor allem der jetzt herrschenden alawitischen Minderheit, der auch Assads Familie angehört. In der Türkei befinden sich bereits zehntausende Syrer. Doch nicht nur die drohende humanitäre Katastrophe wird die beiden Länder zur Zusammenarbeit verdammen. Es geht vor allem darum, das Chaos einzudämmen. Weder der Türkei noch Israel kann daran gelegen sein, dass Syrien (oder Teile davon) weiterhin als Einfallstor von Terroristen genutzt wird, die aus dem Iran kommen oder von ihm finanziert werden. Denn Syrien verfügt - als unselige Konsequenz der Militärhilfe aus Russland - über eines der größten Chemiewaffenlager der Welt. Niemand mag sich vorstellen, was passieren könnte, wenn diese Waffen in falsche Hände geraten sollten.

Es ist daher anzunehmen, dass in den USA, aber auch in EU-Ländern wie Frankreich, intensiv geplant wird, wie diese Depots mit militärischen Mitteln für den "Tag danach" gesichert werden können. Ob westliche Soldaten in einer so aufgeheizten Stimmung aber gern gesehen werden, darf bezweifelt werden.

Als positiv muss gelten, dass sich Russland zuletzt offenbar mit der Option eines Assad-Sturzes arrangiert hat. Dass umgekehrt der Sonderbeauftragte Kofi Annan den Westen aufforderte, eine neuerliche UN-Resolution zu verschieben, zeigt, dass er sich der (russischen) Position annähert, wonach jeder zusätzliche Druck von außen noch mehr Menschen in Syrien das Leben kosten wird. Der Plan Russlands, eine Syrien-Konferenz unter Einbeziehung des Iran abzuhalten, klingt aber naiv. Teheran hat bisher in Syrien eine unrühmliche Rolle gespielt. Und solange die iranische Führung die Existenz Israels ablehnt, muss eine konstruktive Rolle des Landes stark bezweifelt werden. Daher gehen die Planspiele der Staatengemeinschaft immer weiter - und damit auch das Blutvergießen.