Bei der Verstaatlichung Ende 2009 wurden der Balkan, Raiffeisen und die Erste gerettet.
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Wien. Der Hypo-U-Ausschuss wird am Mittwoch vom Nationalrat auf die Reise geschickt. Es wird darum gehen, die Verantwortung für das größte wirtschaftliche Desaster seit 1945 zu klären. Immerhin wird die Hypo Alpe Adria nach dem Verkauf des letzten Vermögenswertes die Republik irgendetwas zwischen sieben und elf Milliarden Euro gekostet haben.
Der Ausschuss wird in etwa acht Wochen starten und soll drei große Themen abarbeiten:
Wie kam es bis 2007 zu den unverhältnismäßig hohen Landeshaftungen Kärntens für die Hypo? In der Spitze waren es 24 Milliarden Euro, zehnmal mehr als das Jahresbudget Kärntens.
Was passierte genau rund um die Not-Verstaatlichung der Bank am 14. Dezember 2009?
Und warum brauchte die Regierung dann bis 2014, um zur Überzeugung zu gelangen, dass diese Bank nur noch abgewickelt, also langsam liquidiert wird?
Bisher hat die Republik in die Hypo 4,5 Milliarden Euro eingeschossen, dazu kommen Garantien in Höhe von 1,2 Milliarden Euro. Und bis alles abgewickelt ist, werden weitere Milliarden fließen.
In der heutigen Nationalratssitzung werden die Parlamentarier erneut und ob der Höhe der Verluste emotional über das Desaster diskutieren. Die "Wiener Zeitung" versucht, die drei Themen auf Basis vorliegender Berichte und Informationen aufzubereiten.
Landeshaftung und Haider
Im Jahr 2001 lag die Bilanzsumme der Hypo Alpe Adria bei 7,6 Milliarden Euro. Da hatte sie ihre stürmische Expansion im ehemaligen Jugoslawien bereits begonnen, vor allem in Kroatien. 2008 erreichte die Bank mit 43,3 Milliarden Bilanzsumme ihren geschäftlichen Höhepunkt.
Obwohl seit 1990 als Aktiengesellschaft geführt, blieb sie dem Gesetz nach eine "Landeshypothekenanstalt" und gehörte - wie alle anderen Hypos zu diesem Zeitpunkt auch - zur Gänze dem Land, in Gestalt der Kärntner Landesholding. Zur Absicherung der eher biederen Landes- und Wohnbaufinanzierungen gab es im Hypo-Sektor Haftungen des jeweiligen Landes dafür. Aus diesem Grund gab es bei den Hypos, so auch in Kärnten, eine Besonderheit bei der Aufsicht: Nicht der Bund, sondern das Land war oberstes Aufsichtsorgan, konkret der Landes-Finanzreferent beziehungsweise Landeshauptmann.
Automatik ohne Landtag
Während der Umgründung der Hypo in eine AG war Jörg Haider Landeshauptmann, bevor er 1991 über seinen Sager zur "ordentlichen Beschäftigungspolitik" der Nazis stolperte. Von 1999 bis zu seinem Tod 2008 war Haider erneut Kärntner Landeshauptmann. Genau in diese Zeit fiel die ungeheure Ausweitung der Landeshaftungen von einer schwachen Milliarde Ende der 1990er Jahre bis auf 24,6 Milliarden Euro im Jahr 2006. Warum in den 2000er Jahren niemand aufgeschrien hat, liegt auch an dem "System Haider", wie es SPÖ und ÖVP einmal bezeichneten. 1991 wurde ein Landesgesetz beschlossen, das die Landeshaftung automatisch mit der Entwicklung der Bank koppelte, solange das Land die Mehrheit hält. Denn die Hypo, die ja nicht an der Börse notierte, kam durch diese Haftung an konkurrenzlos billiges Geld - und expandierte damit hemmungslos auf dem Balkan. "Mit der Haftung hat sich die Hypo günstig refinanziert - trotz Eigenkapitalschwäche", sagte Jörg Haider 2008.
Im Juli 2007 sagte der ehemalige Hypo-Chef Wolfgang Kulterer auf die Frage, ob die Ausfallshaftung schlagend werden könnte: "Für eine Bank dieser Größenordnung und Komplexität für mich null." Und die Entwicklung der Landeshaftung war in den 2000er Jahren so etwas wie ein Staatsgeheimnis. Weder Karl Pfeifenberger (FPÖ) als Finanzreferent noch Jörg Haider sprachen darüber. Sie verwiesen lieber auf die Provisionen, die von der Bank dafür bezahlt wurden, und meinten bloß, es sei ein gutes Geschäft. Zuständig für die Haftungen war die Landesregierung. In den Budgetvoranschlägen, die der Landtag zu beschließen hat, findet sich nichts. Transparenz wurde damals in Kärnten anders definiert, wie der Hypo-Ausschussbericht des Grünen Rolf Holub vermerkt. "Erst nach der Landtagswahl 2009 wurden die Rechnungsabschlüsse 2006, 2007 und 2008 dem Landtag vorgelegt", heißt es auf Seite 127 des Berichts. Dafür musste die Grazer Wechselseitige bestens informiert gewesen sein, denn die Versicherung war seit 1992 an der Hypo Alpe Adria beteiligt.
Bayern wollten Hypo unbedingt
Ende 2007 wurde die Hypo an die BayernLB verkauft, die Bank wurde damals mit 2,6 Milliarden Euro bewertet, obwohl es bereits mehrere kritische Gutachten der Nationalbank zu fehlender Risiko-Einschätzung gab - und Bank-Chef Wolfgang Kulterer 2006 nach vertuschten Spekulationsverlusten auf Druck der Bankenaufsicht abgelöst wurde. Schon damals mehrten sich die kritischen Zeitungs-Berichte über hohe Kreditrisiken der Hypo am Balken, vor allem in Kroatien. Das verunglückte Spekulationsgeschäft, das fast 400 Millionen Euro kostete, sollte eigentlich einen Batzengewinn einfahren, um die chronische Eigenkapitalschwäche der Bank zu lindern. In Kroatien drohte der Lizenzentzug, weil es 2006 zu betrügerischen Handlungen und einer Unterschreitung des Eigenkapitals kam.
Trotzdem kaufte die BayernLB, nachdem sie im Dezember 2006 bei der Bawag nicht zum Zug gekommen war. Und die Bayern setzten die Expansion in Osteuropa fort, ohne die internen Kontroll-Mängel in der Bank abzustellen. 2009 kam es zum Show-down. Nachdem die Bank im Zuge der Finanzkrise 900 Millionen Euro Staatskapital erhalten hatte, stellte sich im Sommer 2009 heraus, dass die Kreditausfälle ungeheure Ausmaße angenommen hatten. Eine neue Kapitalaufstockung wurde notwendig, die sich binnen zwei Monaten von 1,2 auf 2,1 Milliarden Euro erhöhte. Die BayernLB zog die Reißleine, und wollte die Bank loswerden.
Niemand wollte eine Pleite
Am 14. Dezember wurde die Bank verstaatlicht, die Bayern um einen Euro rausgekauft. Zwei Stunden, bevor die Finanzmarktaufsicht die Geschäftsaufsicht über die Hypo verhängt hätte, eine Vorstufe zur Insolvenz.
Gerettet wurde dabei nicht nur das Land Kärnten, das noch 19 Milliarden an Haftungen hatte, sondern auch die übrigen österreichischen Banken. Anfang Dezember 2009 wurde klar, dass Griechenland vor dem Bankrott steht, dessen Banken waren in Serbien stark engagiert. Eine Pleite der Hypo, damals die viertgrößte Bank in Belgrad, wäre auch für andere österreichische Banken wie Raiffeisen und die Erste desaströs gewesen. "Mit einer solchen Entscheidung würde die BayernLB den Balkan und auch Österreich anzünden", wird BayernLB-Chef Michael Kemmer zitiert. Auch der damalige EZB-Chef Trichet war dieser Ansicht. Nach dem 14. Dezember 2009 kümmerte sich das Finanzministerium kaum noch um die Hypo.