Im Mai 1995 haben sich die damaligen Minister Johannes Ditz (Wirtschaft) und Viktor Klima (Verkehr) über die Einführung einer Lkw-Maut mittels eines Road-pricing-Systems geeinigt. Jahre der Diskussion und unzählige Verschiebungen und Gesetzesänderungen sind seither ins Land gezogen. Heute endet die Nachbesserungsfrist für die drei noch im Rennen liegenden Bieter für Errichtung und Betrieb der Lkw-Maut. Am 24. Mai wird die ASFINAG (Autobahnen- und Schnellstraßen Finanzierungs AG) den Bestbieter küren. Nach einer zweiwöchigen Einspruchsfrist für die unterlegenen Mitbewerber soll der Auftrag Anfang Juni erfolgen.
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Mit der Entscheidung am 24. Mai im ASFINAG-Aufsichtsrat über den künftigen Betreiber findet die unendliche Geschichte des Lkw-Road-pricings nun ein Ende. Fünf Minister hat dieses ursprüngliche Vorhaben der SPÖ/ÖVP-Koalition beschäftigt. Eine Ausschreibung wurde kurz vor dem Ende im Jahr 2000 abgebrochen. Der damalige Verkehrsminister Michael Schmid stoppte das Verfahren mit dem Argument, dass ein "Mauthüttelsystem" - das für eine duale Abrechnung notwendig gewesen wäre - nicht mehr zukunftsorientiert sei.
Im Juni des Vorjahres hat die ASFINAG die Errichtung und den Betrieb eines vollelektronischen Mautsystems neu ausgeschrieben. Heute, 24 Uhr, endet jedenfalls die Frist für das "Last Offer" der noch verbliebenen drei Interessenten. Bis zum 24. Mai wird sich der Vorstand auf einen festlegen und diesen dem Aufsichtsrat vorschlagen, erklärte ASFINAG-Sprecher Marc Zimmermann gegenüber der "Wiener Zeitung". Der "Gewinner" des etwa 290 Mill. Euro schweren Auftrages wird also am 24. Mai fest stehen. Nach einer angemessenen Einspruchsfrist für die nicht zum Zug Gekommenen soll die endgültige Vergabe im Juni folgen.
"Da der Betreiber maximal 18 Monate zur Verfügung hat, das System in Betrieb zu nehmen, ist der spätest mögliche Beginn der Lkw-Maut der 1. Jänner 2004", sagte Verkehrsminister Mathias Reichhold zur "Wiener Zeitung". Als Anreiz gibt es aber bei vorzeitiger Inbetriebnahme eine Sondervergütung für den Betreiber. Sollte das gelingen, "werden die restlichen Monate der Vignette rückverrechnet".
Mautpreller werden von Privaten erfasst
Vergangenen Dienstag hat der Ministerrat auch die Novelle zum Bundesstraßen-Mautgesetz beschlossen. Darin werden die Rahmenbedingungen zur künftigen Lkw-Maut festgelegt. Insbesondere wird mit dem Gesetz das so genannte "Enforcement", also die Verfolgung von Mautprellern fixiert. Die Kontrolle sollen Private übernehmen. Die Bestellung dieser Mannschaften erfolgt nach Vorschlägen der ASFINAG durch die Bezirkshauptmannschaften.
Weiters werden in dem Gesetzesentwurf die mautpflichtigen Strecken definiert. Es handelt sich um ein 2.000 km langes, hochrangiges Straßennetz, davon sind 1.700 km Autobahnen und 300 km Schnellstraßen.
Durchschnittstarif beträgt 22 Cent pro Kilometer
Die Höhe der Lkw-Maut pro gefahrenem Kilometer wird im Gesetz nicht festgelegt, sondern vom Verkehrsminister bis Sommer per Verordnung bestimmt. Ein Durchschnittstarif von 22 Cent pro Kilometer ist bereits akkordiert. In Deutschland ist ein Durchschnittstarift von 15 Cent/km geplant.
Reichhold nannte folgende Tarife: Fahrzeuge von 3,5 bis 18 Tonnen (Zweiachser) zahlen 13 Cent, Fahrzeuge bis 26 t (Dreiachser) zahlen 18 Cent, Fahrzeuge bis 40 t (Vier- und Mehrachser) zahlen 27 Cent pro gefahrenem Kilometer.
Auf den bereits bestehenden Mautstrecken bleiben derzeitigen Tarife im Wesentlichen unverändert, betonte der Minister.
22 Cent pro gefahrenem Kilometer würde die Transportkosten der heimischen Wirtschaft um 20 bis 30 Prozent erhöhen und ihre Wettbewerbsposition gegenüber deutschen und italienischen Mitbewerbern in Mitleidenschaft ziehen, heißt es nun in einer Studie, des Wiener Verkehrswissenschaftlers Sebastian Kummer, die Wirtschaftskammerchef Christoph Leitl am Mittwochabend vorgestellt hat. Die Wirtschaftskammer werde eine Mauterhöhung durch das Road Pricing nur in jenem Ausmaß akzeptieren, in dem die Belastung in Deutschland ansteige, sagte Leitl.
Studienautor Kummer, der grundsätzlich für eine von der Fahrleistung abhängige Bemautung eintritt, schlägt einen Mautsatz von 17 Cent pro km vor. Dieser Aufschlag sei durch die topographischen Nachteile Österreichs gerechtfertigt. Die Wirtschaft jedenfalls befürchtet erhebliche Wettbewerbsnachteile, sollte die Differenz zu Deutschland mehr als 5 Cent betragen.
Die ASFINAG rechnet mit einem Reinerlös aus dem Lkw-Road-pricing von 600 Mill. Euro (exkl.. USt) jährlich. Die Einnahmen sind zweckgebunden für den Bau, die Erhaltung und den Betrieb des Autobahnen- uns Schnellstraßennetzes.
Reichhold arbeitet an Entlastungen für Frächter
Finanzminister Karl-Heinz Grasser erhält die Umsatzsteuer von 20 Prozent, also 120 Mill. Euro, aus den Nettoerlösen der Lkw-Maut. Als Entlastung der heimischen Frächter verzichtet der Finanzminister auf die Straßenbenützungsabgabe (79 Mill. Euro) und die letzte Kfz-Steuererhöhung soll ebenfalls zurückgenommen werden (etwa 70 Mill. Euro). Das Verkehrsministerium sei derzeit mit dem Finanzministerium in Gesprächen über weitere Entlastungen für die Frächter. "Wir hoffen aber auch, dass die Interessenvertretungen mit sinnvollen Vorschlägen auf uns zu kommen", sagte Reichhold.
Pkw-Maut kommt nicht
An die Einführung einer Pkw-Maut sei derzeit nicht gedacht, widersprach Reichhold einer diesbezüglichen Forderung etwa der Industriellenvereinigung. Immerhin hatte es im Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996 noch geheißen, dass das elektronische Lkw-Mautsystem ab 1. Juli 1997 gelten und ab 2000 auf Pkw ausgeweitet werden soll. Das Gesetz wurde mittlerweile mehrmals novelliert, die Pkw-Maut ist nicht mehr darin enthalten.