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Was lernen wir aus der Gaskrise?

Von Erhard Fürst

Gastkommentare

Durch den "Gaskrieg" wurde der breiten Öffentlichkeit die starke Abhängigkeit von importierter Energie bewusst, ein Faktum, das weder neu noch überraschend ist. Würde nicht dank der Lage und Topologie unseres Landes der überwiegende Teil des Stroms aus Wasserkraft erzeugt, wäre die Abhängigkeit - nicht zuletzt auch durch den Verzicht auf Atomstrom - noch deutlich höher. Die Krise zeigte auch, dass wir nicht nur von Produktionsländern, sondern auch von Transitländern abhängig sind.


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Auch wenn man den Streit zwischen Russland und Ukraine nicht wirklich durchschaute, fiel in den Medien die Zuweisung der Hauptschuld an Russland auf, trotz dessen jahrzehntelanger Liefertreue.

Dabei stellt sich die Frage, warum eigentlich Russland die seit 18 Jahren unabhängige Ukraine noch immer durch einen deutlich unter dem Weltmarktniveau liegenden Gaspreis subventionieren soll. Und wenn die Ukraine droht, andernfalls die Transitgebühren drastisch anzuheben, ist dies wohl als Wegelagerei zu klassifizieren.

Wie der Streit ausgehen wird, ist vorhersehbar. Europa wird für die Ukraine zahlen, sei es durch Finanzhilfen für teurer gewordene Gasimporte oder über höhere Transitgebühren. Hoffentlich erfolgt diese Hilfe unter Bedingungen, die in Zukunft ein im internationalen Geschäftsverkehr übliches Verhalten der Ukraine sicherstellen.

Was sollten die EU-Länder aus der Gaskrise lernen? Nicht, dass sie um jeden Preis die Importabhängigkeit reduzieren müssen, sondern dass es dringend einer gemeinsamen europäischen Energiepolitik bedarf; sowohl nach innen, etwa durch den Ausbau der grenzüberschreitenden Infrastruktur, der Speicherkapazität und eines EU-weiten Krisenmanagements, wie nach außen durch einheitliches Auftreten als großer Wirtschaftsblock.

Die Gaskrise rief viele auf den Plan, die aus wohlverstandenem Eigeninteresse um zusätzliche Subventionen für den rascheren Ausbau der erneuerbaren Energie kämpfen. Die Regierung sollte sich von ihrem Kurs nicht abbringen lassen.

Eine wesentliche Reduktion der Abhängigkeit Österreichs von Energieimporten ist ohnehin nur über Jahrzehnte erreichbar, außer wir verzichten auf Wirtschaftswachstum. Und dank dem technischen Fortschritt wird erneuerbare Energie in Zukunft kostengünstiger bereitgestellt werden können.

Bis dahin sollten wir uns mit dem Status der Abhängigkeit von ausländischen fossilen Energiequellen abfinden. Diese Abhängigkeit ist nämlich eine gegenseitige. Ohne seine Einnahmen aus Energieexporten würde Russland wirtschaftlich auf den Stand eines Entwicklungslandes zurückfallen, mit unabsehbaren innenpolitischen Risken. Das wissen auch die Herren Putin und Medwedew.

Erhard Fürst war viele Jahre Leiter der Abteilung Industriepolitik und Wirtschaft in der Industriellenvereinigung.