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Was macht denn eigentlich ein "City-Manager"?

Von Helmut Dité

Wirtschaft

Doch, den Beruf gibt es. Er ist gar nicht so neu, unlängst haben zahlreiche Vertreter in London sogar schon einen Berufskongress abgehalten. Auch in Österreich, wo das Problem der tagsüber brodelnden, aber abends und an Wochenenden ausgestorbenen Innenstädte ebenfalls bekannt ist, gibt es sie schon, die City-Manager - eine Kreuzung zwischen geschäftsführendem Bürgermeister, Tourismusdirektor, Grätzl-Ombudsmann, Marktschreier und Hutschenschleuderer, wie einem scheinen könnte. Zwischen allen Fronten und überall dran, flexibel und unbürokratisch, aber wirksam - denn die Gesamtperformance aus Bauten, Geschäften, Gastronomie und Events ist es, die eine City zum liebenswerten Lebensraum macht, oder eben nicht, meint der neue City-Manager der niederösterreichischen Landeshauptstadt St. Pölten, Peter Bylica.


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Der gelernte Koch und langjährige Journalist - zuletzt unter Robert Hochner Chef vom Dienst und stellvertretender Chefredakteur der "Arbeiter Zeitung" - hat in den letzten neun Jahren als Leiter der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der NÖ-Landshauptstadt-Planungsgesellschaft das große Hauptstadtprojekt betreut - und seiner Heimatstadt international beträchtliches Renomme verschafft. Jetzt betreut der 52jährige diesbezüglich als Konsulent noch den letzten Bau dort, das Landesmuseum. Sein Herz und die meiste Zeit aber gehören der City St. Pöltens, die Altstadt, - vom neuen Regierungs- und Kulturbezirk erfreulicherweise - nur einen Steinwurf entfernt.

"Durch die neuen Medien haben Familien und Konsumenten offensichtlich das aktive Entdecken von Städten verlernt". Peter Bylica, seit 1. Juli neuer "City-Manager und Tourismusbeauftragter" von St. Pölten, setzt zum Start primär auf eine Service-Offensive und Image-Kampagne. "Kommunikation und Koordination gehören mehr gepflegt, damit alle an einem Strang ziehen, damit die City weiterhin das größte Familien-Kaufhaus der Stadt bleibt. Denn viele wissen gar nicht, was dort alles geboten wird".

Die älteste Stadt und jüngste Landeshauptstadt Österreichs hat als Verwaltungs- und Gesundheitszentrum, Handels-, Schul- und Kulturstadt dafür die Weichen gestellt. Und bereits 1997 als erste Kommune der Alpenrepublik einen City-Manager bestellt. Er ist Schnittstelle zwischen Kaufmannschaft, Hausbesitzern, Hotellerie und Gastronomie, Behörden, Institutionen und dem Tourismus. Mit der Kaufmannvereinigung "Die City" gibt es eine Plattform, die mit Events, Angebotsstruktur und etwa auch Engagement beim Leerflächen-Informationssystem auch Einfluß auf das "Produkt Stadt" nimmt.

Bylica: "Dazu wurden eigene Straßensprecher installiert, die Ideen sammeln, filtern und gemeinsam mit dem City-Management auf Realisierung hin überdenken. Auch hier besteht noch weiterer Handlungsbedarf. Denn Einkaufsstraßen sollen sich durchaus auch als eigene Erlebniswelten ins Blickfeld rücken. Die City von St. Pölten ist eine Europastadt mit eigener regionaler Identität. Ein gutes Stadt-Fluidum braucht das Kaufhaus ebenso wie auch den Kleinbetrieb, das traditionsbewusste Familienunternehmen ebenso wie den Filialisten bekannter Ketten". Vielfach ist das Gejammer über Frequenzprobleme in mittelstädtischen Zentren hausgemacht, ist Bylica überzeugt. "Eine City" so meint er, "kann man nicht auf- und zusperren wie ein Kaufhaus. City ist mehr als nur Shopping-Meile. Sie ist das Herz einer Stadt, ein multikultureller Markt- und Eventplatz. Oft was anderes. Öfter was Neues!", lautet sein Motto.

Im Gegensatz zu politischen Meinungsmachern und Kammerfunktionären sieht der Wunschkatalog von Konsumenten oft deutlich anders aus, erklärt Bylica und verweist auf eine Studie des WIFI über Einkaufsstraßen. Oft weniger als ein Drittel der dort Befragten bevorzugt Shopping-Centren am Stadtrand.

Fazit: Für wirklich attraktive Innenstadt-Geschäftsstraßen besteht vielleicht ein größeres Kundenpotential, als gemeinhin angenommen wird. Denn die Rangliste der Konsumentenwünsche zum Thema "Einkaufsstraße" sieht so aus: Ganz oben stehen Sauberkeit, freundliches Personal, Fachberatung, Branchenmix und Unterhaltung. Erst danach rangieren das leidige Parkplatzthema, die Preise oder etwa Wetterschutz, sprich Überdachung von Einkaufsstraßen.

Bylicas erste Aktionen für die City St. Pölten: Umfassende Befragung bei Stammkunden und potentiellen Kunden; Bündelung aller Wünsche zu einem verbesserten Branchenmix; zielgerichteter Input über leerstehende Geschäfte in das Internet-Leerflächensystem; nationale und internationale Branchentage mit Standortpräsentationen.

Daneben gilt es, die Attraktivität von Portalen und Schaufenstern zu steigern: Da kommt ein Wettbewerb für Auslagenarrangeure - bis hin zum schönsten Schaufenster Europas. Oder die Kreation einer einheitlichen Parkmünze oder City-Card für Kunden und Gastro-Gäste - die Parkhausbetreiber wurden bereits eingebunden und überdenken derzeit ein System. Oder die Einführung eines Lady-Shopping-Tages - und überhaupt mehr Kinder-Betreuung.

Erst wenn diese Basis-Liste abgearbeitet ist, lohnt es, verstärkt über neue Events nachzudenken, um Anziehungskraft und zentrale Bedeutung der St. Pöltner City als Treffpunkt für Shopping, Kultur, Tourismus und Freizeit zu steigern. Denn, was der Neue in St. Pöltens City weniger präferiert: Veranstaltungen nur der Veranstaltung wegen. Die sind zwar manchmal in der Lage, Besucher anzuziehen, "aber halt nur für die Dauer der Aktion".

Im Tourismusbereich möchte der neue City-Manager St. Pölten vor allem international stärker positionieren. "Die Auslastung der Beherbergungsbetriebe ist steigend, sowohl durch individuelle Übernachtungen ganz spezieller Zielgruppen - zum Beispiel bleiben etwa viele deutsche Gäste, die auf dem Weg zur Zahnbehandlung nach Ungarn sind, lieber in St. Pölten über Nacht, als in der Millionenstadt Wien oder in Ungarn - als auch durch Kongress-Gäste, die im oft überfüllten knapp 60 Kilometer entfernten Wien Platzprobleme haben, und auch über spezielle Busreisen." Ein weiteres Hoffnungsgebiet ist der internationale Radtourismus. Durch die Alpenvorland-Traisen-Donau-Radweg-Kombination ist auch in der NÖ-Landesmetropole die Tendenz steigend.

Veranstalter unterschätzen aber oft noch die hervorragende Ausgangsbasis der Stadt für Sightseeing-Touren: 20 Minuten zum Weltkulturerbe Wachau, 25 Minuten zum barocken Stift Melk, das Voralpenland mit Mariazell als Wander- und Skigebiet, das Weinbaugebiet Traisental, 35 Minuten nach Wien. Und - nicht zuletzt - die Barockstadt St. Pölten selbst - Stichwort Jakob Prandtauer - mit den größten Kultureinrichtungen im alten Stadtkern und der neuen Skyline rund um Regierungsviertel, Kulturbezirk und Klangturm.

City-Manager Bylica: "Auch in anderen Bereichen möchten wir verstärkt eigene Initiativen setzen, denn in Fremdenverkehrsprospekten der NÖ- Werbung etwa ist die Landeshauptstadt vielfach noch ein Stiefkind. Dafür besteht wahrlich kein Grund". "Langfristig lebt ein Zentrum von dem guten Ruf, den es sich bei Kunden und Öffentlichkeit aufgebaut hat. Die City St. Pölten ist nicht nur die älteste, sondern nach wie vor eine der stärksten Fußgängerzonen - und hat einen guten Ruf. Um einige Facetten würde ich´s gerne noch bereichern, da fällt mir noch einiges ein". Glauben wir, schließlich hat er auch beim Papst-Besuch in St.Pölten die Angelegenheiten rund um die Riesenbühne koordiniert und den bisher größten Besucheransturm in der Traisenmetropole klaglos gemanagt.