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Was nach der Wahrheit kommt

Von Judith Belfkih

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In Zeiten politischer Umbrüche neigen nicht nur Journalisten dazu, das sprichwörtliche Gras wachsen zu hören und wie derzeit den schleichenden Untergang der demokratischen Welt heraufdämmern zu sehen.

Aus den USA berichten Medien dieser Tage von der Verhaftung von Journalisten, die die Proteste rund um die Amtseinführung des neuen US-Präsidenten Donald Trump dokumentierten. Ihnen werden Verstöße gegen das Washingtoner Gesetz gegen Unruhestiftung vorgeworfen, es drohen bis zu zehn Jahre Haft oder 25.000 Dollar Geldstrafe, berichtet der "Guardian".

Parallel dazu zeigt sich die Parlamentarische Versammlung des Europarats alarmiert über die wachsende Gewalt gegen Journalisten in Europa. Seit Jänner 2015 seien in den Mitgliedstaaten des Europarates 16 Journalisten getötet und zahlreiche weitere bei tätlichen Angriffen verletzt worden. Die Situation in der Türkei und der Ukraine sei mehr als prekär.

Auch jenseits von tätlichen Angriffen nehmen verbale Attacken zu, der Vorwurf "Lügenpresse" sitzt locker. Auch in demokratisch (noch) stabilen Staaten ist eine Branche in Verruf geraten. Nach der Kür von postfaktisch/ post-truth zum Wort des Jahres, prägt nun der Begriff der "alternativen Fakten" die Debatte. Von vielen schlicht als Synonym für Lüge eingestuft.

Pressefreiheit in jeder Form gilt als Indikator für demokratische Defizite. Und war da nicht einmal eine Bewegung namens Aufklärung? Nicht nur dem Berufsstand der Journalisten ist zu wünschen, dass die Wirklichkeit nicht in eine Parallelwelt hinter, nach oder neben der Wahrheit abgleitet.