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Was Trump von Truman lernen könnte

Von David Ignatius

Gastkommentare
Der Autor war Chefredakteur der "International Herald Tribune". Seine Kolumne erscheint auch in der "Washington Post".

Charakter zählt, das lehrt die Geschichte. Besonders wenn ein Präsident am Beginn seiner Amtszeit niedrige Beliebtheitswerte hat.


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Der einzige US-Präsident der neueren Zeit, der ebenso wenig auf diese Aufgabe vorbereitet war wie Donald Trump, ist Harry Truman. Beide traten ihr Amt mit geringen Kenntnissen des internationalen Geschehens an und lösten, daheim und im Ausland, Sorgen aus, sie könnten der Position nicht gewachsen sein. "Ich bete, dass ich den Anforderungen entsprechen kann", sagte Truman nach dem Tod von Franklin Roosevelt.

Trump sieht sich nun - einer der seltsamen Gleichklänge der Geschichte - in Nordkorea einer ähnlichen Herausforderung gegenüber wie Truman, der 1950 in den Krieg eingetreten war, um die Invasion der Nordkoreaner im Süden zurückzudrängen. Trump ist heute gefährlich nahe dran an dieser Situation, mit seinem Versuch, das Atomprogramm Nordkoreas einzudämmen.

Was kann Trump von Truman lernen? Truman hatte viele gute Eigenschaften, die Historiker ihm hoch anrechnen. Er hatte einen ruhigen Führungsstil, blieb seinen Überzeugungen treu und verachtete lautstarke öffentliche Großtuerei. Er heimste niemals Lob für die Verdienste anderer ein. Und er gab niemals anderen die Schuld für seine Fehler.

Trump ist offensichtlich völlig anders. Er ist ein protziger New Yorker, in starkem Gegensatz zu Truman, dem zurückhaltenden Farmersohn aus Missouri. Trump hat sich als greller Kasino-Tycoon und Fernsehstar einen Namen gemacht . Der Pokerspieler Truman hielt sich stets bedeckt.

Gemeinsam ist Truman und Trump, dass sie sich bei ihrem Amtsantritt großen Zweifeln gegenübersahen. Charakter zählt, das lehrt uns Truman. Und das trifft besonders auf einen Präsidenten mit niedrigen Beliebtheitswerten am Beginn der Amtszeit zu.

Vor allem in der Außenpolitik hat Trump seine Meinung gegenüber dem Wahlkampf gründlich geändert. Seine neuen Positionen sind meiner Meinung nach die richtigen, aber weil sie so starke Umschwünge darstellen, werfen sie die Frage auf, wofür Trump tatsächlich steht.

Wie gewinnt man als Politiker Vertrauen? Ein Rezept dafür gibt es nicht. Man muss es sich verdienen.

Hilfreich auf diesem Weg wären für Trump die Eigenschaften Trumans. Trump sollte aufhören, anderen die Schuld zuzuschieben. Anderen die Schuld zu geben, klingt nach Politik, aber auch nach Schwäche. Auch die eigene militärische Führung sollte Trump nie wieder beschimpfen. Und Trump sollte sich nie wieder mit etwas brüsten, was nicht sein Verdienst ist. Damit macht er sich nur kleiner.

In schwierigen Lagen brauchen Präsidenten das Vertrauen der Öffentlichkeit. Strategien, die entzweien, mögen im Wahlkampf funktionieren, ebenso wie Versuche, die Verantwortung anderen zuzuschieben - danach können sie verheerend wirken.

Truman war wegen der nordkoreanischen Invasion besorgt. Der Krieg war aber nicht erfolgreich und seine Popularitätswerte sanken. Dennoch hielt die Öffentlichkeit weiter zu ihm, aus einem einfachen Grund: Er hatte sich eine Reserve an Vertrauen aufgebaut, die ein erfolgreicher politischer Führer braucht.

Übersetzung: Hilde Weiss