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Die Inflationskrise ruft nach Umverteilung.
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Werden die Zinsen weiter steigen? Die Antwort auf diese Frage kommt diese Woche - genauer: am 4. Mai - aus dem Büroturm der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt. Bankanalysten und Marktbeobachter stellen sich auf eine Zinssteigerung um 25 Basispunkte (von 3,0 auf 3,25 Prozent) ein und rechnen damit, dass der Einlagenzinssatz im Juni noch weiter auf 3,5 Prozent (oder höher) angehoben werden könnte.
Die EZB steht vor einer schwierigen Aufgabe: Denn die Inflation in der Eurozone betrug im März immer noch 6,9 Prozent. Die Eurozone ist damit weit entfernt vom 2-Prozent-Inflationsziel der Zentralbank. In Österreich liegt die Inflationsrate mit 9,2 Prozent übrigens weit über jener Deutschlands (7,8 Prozent), Italiens (8,2 Prozent) oder Spaniens (3,1 Prozent).
Die breite Streuung der Teuerungsraten in den einzelnen Ländern in der Eurozone zeigt, wie schwierig die Aufgabe für Notenbankchefin Christine Lagarde ist, eine für alle Regionen Europas passende Linie zu finden. Die Regierungen der EU-Staaten stehen aber ebenfalls in der Pflicht und dürfen die EZB-Präsidentin nicht mit dem Problem der hartnäckigen Teuerung alleine lassen: Denn Zinspolitik ist nicht der einzige Hebel, die Inflation in den Griff zu bekommen: Preisbremsen, Zurückhaltung bei öffentlichen Abgaben, Wettbewerbskontrollen und gezielte finanzielle Unterstützung für die kaufkraftschwachen Bevölkerungsschichten (statt Förderungen mit der Gießkanne) haben sich durchaus als erfolgreiche Instrumente erwiesen.
Die Scheu der Bundesregierung, außer Rand und Band geratene Gewinnerwartungen der Unternehmen in Zaum zu halten, ist unverständlich: Denn der Verdacht, dass Unternehmen derzeit die Inflation ausnutzen, um noch etwas draufzuschlagen - Stichwort: "Greedflation" (Gierflation) - ist keine linksrevolutionäre Paranoia, sondern durch Daten gut abgesichert.
Viele Unternehmen konnten von der Inflation profitieren und haben ihre Gewinne maximiert, die steigenden Kurse der Aktienindizes in der Eurozone zeigen, dass die Finanzmärkte weiter auf gute Profite der Konzerne setzen.
Tatsache ist: In den vergangenen Monaten haben breite Teile der Bevölkerung teils massive Reallohnverluste hinnehmen müssen. Nun wird es darum gehen, die Lasten gerecht zu verteilen. Insofern ist die Forderung nach Erbschafts- und Vermögenssteuern nachvollziehbar: Eine Umschichtung von Umsatz-, Lohn- und Einkommenssteuern auf Vermögens- und Kapitalertragssteuern würde die Inflation dämpfen. Inflation ist für jene, die über Besitz verfügen, weniger ein Problem als für Menschen, die von ihrem Einkommen, von Pensionen oder vom Arbeitslosengeld leben müssen.