Welche Maßnahmen gegen den starken Preisanstieg nun im Gespräch sind und welche Wirkung sie hätten.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 2 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Die Energiepreise steigen derzeit in lichte Höhen und ein Ende des Anstiegs ist nicht in Sicht. Die hohe Energienachfrage infolge von Corona, die Unsicherheiten rund um den Krieg in der Ukraine und ein drohender Lieferstopp für russisches Gas und Öl heizen die Energiekosten und damit auch die Inflation stark an. Erst vor kurzem hat die Bundesregierung einen Energiekostenausgleich von 150 Euro für Einkommen bis 5.670 Euro brutto beschlossen. Sozial schwache Haushalte sollen 300 Euro bekommen. Die Maßnahme deckt zwar ganz gut die bisherige Energieteuerung ab, jedoch nicht den künftigen Preisanstieg. Am Wochenende trafen sich Regierungsvertreter, Wirtschaftsforscher und Vertreter der Energiebranche zu einem Energiegipfel. Konkrete Maßnahmen zur Abfederung der stark steigenden Energiepreise sollen in den kommenden Tagen erarbeitet werden. Hier die diskutierten Maßnahmen im Überblick:
Sollte der CO2-Preis ausgesetzt werden?
Die Wirtschaftskammer (WKO) forderte vergangene Woche, angesichts der stark steigenden Energiepreise, den CO2-Preis auszusetzen. Ab Juli 2022 soll eine Tonne CO2 im Nicht-Emissionshandelsbereich 30 Euro kosten. Ökonomen sehen diese Forderung skeptisch, vor allem angesichts der EU-Klimaziele und der geplanten Klimaneutralität ab 2040. "Wir sollten vorsichtig mit Maßnahmen sein, die den fossilen Konsum unterstützen", sagt Budgetexpertin Margit Schratzenstaller vom Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo), zumal es einen Ausgleich dafür gäbe.
Zudem würden viele energieintensive Unternehmen, die schon vom EU-weiten Emissionshandelsgesetz erfasst sind, vom Aussetzen des CO2-Preises gar nicht profitieren, merkt EcoAustria-Direktorin Monika Köppl-Turyna an. "Bei jeder Maßnahme ist ein Trade-off dabei." Statt den CO2-Preis nun doch nicht einzuführen, sollten nicht-fossile Energieträger entlastet werden.
Ist eine Senkung der Mehrwertsteuer sinnvoll?
SPÖ und FPÖ forderten zuletzt eine befristete Senkung der Mehrwertsteuer auf Strom und Gas sowie eine Senkung der Mineralölsteuer, um den Preisanstieg etwas abzufedern. Laut Wifo-Kurzanalyse wäre diese Maßnahme auch leicht und unbürokratisch umsetzbar, allerdings wenig treffsicher. "In Summe profitieren davon vor allem Besserverdiener, die auch nachweislich mehr Energie verbrauchen", erklärt Schratzenstaller.
Zudem wirkt diese Entlastung nur auf der Konsumentenseite. Unternehmen, für die die Mehrwertsteuer ein Durchlaufposten ist, haben wenig davon. "Außerdem wissen wir aus der Empirie, dass Mehrwertsteuersenkungen von den Anbietern nicht immer in vollem Umfang an die Konsumenten weitergegeben werden", sagt Köppl-Turyna. Durch die stark gestiegenen Preise werden jedenfalls auch die Einnahmen für den Fiskus steigen. Hier sei es wichtig, dass diese schnell wieder in Form von Entlastungen an die Bürgerinnen und Bürger fließen, etwa um Härtefälle abzufedern, meint Schratzenstaller.
Wie wirkt eine Senkung der Elektrizitätsabgabe?
"Aus meiner Sicht hätte das die beste Lenkungswirkung", meint Köppl-Turyna. Derzeit müssen Energielieferanten und -produzenten ab einer Menge von 5.000 Kilowatt pro Jahr 0,015 Euro pro Kilowattstunde bezahlen. Im Gespräch ist eine temporäre Senkung beziehungsweise ein Aussetzen dieser Abgabe. Davon würden alle, also Haushalte und Unternehmen, gleichermaßen profitieren. Schratzenstaller hebt noch einen Aspekt hervor: "Eine Senkung der Elektrizitätsabgabe hätte auch Lenkungseffekte in Richtung Strom. Und dieser soll ja hoffentlich zunehmend grüner werden."
Ist ein Gaspreisdeckel sinnvoll?
In Deutschland wird derzeit unter anderem ein Gaspreis- und ein Treibstoffdeckel diskutiert. Also eine staatlich festgelegte Obergrenze für Gas und Treibstoffe. Auch der sozial-liberale Thinktank, das Momentum-Institut, plädiert für einen Gaspreisdeckel und rechnet vor, dass dadurch durchschnittliche Wiener Haushalte bei drohenden jährlichen Mehrkosten von bis zu 500 Euro durch einen Preisdeckel auf das Niveau des Vorjahres de facto nicht belastet würden.
"Die Preisregulierung ist ein sehr starker politischer Eingriff und es sollte nicht eines der ersten Instrumente sein, um diese Krise zu bewältigen", meint Schratzenstaller. "Diese Maßnahme verschleiert das Problem, weil ja jemand den hohen Energiepreis bezahlen muss", meint auch Köppl-Turyna. Wenn die Energielieferanten Gas zu Rekordpreisen einkaufen müssen, dieses aber unter dem Einkaufspreis an die Kunden weitergeben, "dann wird es entweder staatliche Subventionen brauchen, oder der Versorger geht irgendwann pleite", so Köppl-Turyna.
Senkung bei Steuer und Sozialversicherung?
Ebenfalls im Gespräch ist eine Senkung der Lohnsteuer in der untersten Steuerklasse und eine temporäre Senkung der Sozialversicherungsbeiträge. "Davon haben aber diejenigen, die sehr wenig verdienen und nicht steuerpflichtig sind, gar nichts", warnt Schratzenstaller. Hier müsse man über zusätzliche Ausgleichszahlungen oder über eine Anpassung der Negativsteuer nachdenken. "Von der Logik her ist das richtig, aber eine zu starke Entlastung würde die Inflation zusätzlich befeuern", meint Köppl-Turyna.
Entlastungen für energieintensive Unternehmen?
Vor allem energieintensive, produzierende Unternehmen bekommen die hohen Energiepreise stark zu spüren. Dort kommt auch überproportional viel Gas zum Einsatz. Sollte es wegen der hohen Preise oder wegen möglicher Rationierungen von Gas zu Produktionsengpässen oder Stopps kommen, brauchen diese Unternehmen gezielte, treffsichere Förderungen, meinen beide Ökonominnen. Etwa in Form von Kurzarbeit oder Zuschüssen, wie es sie auch schon während der Pandemie gab.
Auch über Förderungen für energieeffiziente Maschinen und nicht-fossile Energieträger müsse mehr gesprochen werden, meint Schratzenstaller. "Wir müssen auch die Länder mehr in die Pflicht nehmen. Es gibt schon sehr viele Maßnahmen, von Heizkostenzuschüssen bis Förderungen für den Kesseltausch, die man jetzt adaptieren kann."