24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr, sind Österreichs Feuerwehren im Einsatz.
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Es ist 3:54 Uhr. In einem Einfamilienhaus erwacht der Familienvater vom Piepsen des Rauchmelders. Keine drei Minuten zuvor hatte sich der alte Fernseher durch einen elektrischen Defekt entzündet, Möbel brennen bereits. Auch seine Frau und die beiden Kinder werden sofort wach. Alle wissen, dass bei Brandrauch nur wenige Lungenfüllungen zur Vergiftung führen.
Zwei Drittel aller Brandopfer kommen nachts ums Leben. In Österreich sterben bei Bränden im Privatbereich jährlich etwa 40 Menschen. In 90 Prozent der Fälle ist dabei eine Rauchgasvergiftung die Ursache. Obwohl Feuerwehren immer wieder auf die Wichtigkeit aufmerksam machen, konnten sich Rauchmelder bis dato nicht durchsetzen - obwohl die Richtlinie 2 des Österreichischen Instituts für Bautechnik (OIB) Folgendes vorgibt: „In Wohnungen muss in Aufenthaltsräumen ... jeweils mindestens ein Rauchwarnmelder angeordnet werden”. Doch da diese Vorgabe nur für Neubauten gilt, kann es noch dauern, bis alle Häuser und Wohnungen in Österreich entsprechend ausgestattet sind.
3:56 Uhr. Die Familie flüchtet aus dem Haus. Sie hatten weder Zeit, sich etwas überzuziehen, noch für einen Löschversuch mit einem Feuerlöscher - das Risiko einer Rauchgasvergiftung ist bereits zu groß.
Damit es überhaupt zu einer Verbrennung kommt, bedarf es dreier Voraussetzungen 1. einen brennbaren Stoff, 2. Sauerstoff, der 21 Prozent Anteil an der Luft hat, sowie 3. eine entsprechende Zündtemperatur. Für eine effektive Löschung sollte man möglichst an allen drei Voraussetzungen ansetzen. Den meisten vertraut sind diese Maßnahmen bei Materialien der Brandklasse A, also Holz, Stroh und Faserstoffe: Wir beseitigen intuitiv Stroh aus der Scheune, wir ersticken das Feuer mit einer Decke und wir kühlen mit großen Mengen Wasser.
Schwieriger wird es bei Benzin, Heizölen, Harzen und Kunststoffen wie PVC (Brandklasse B). Hier brennen nicht die Stoffe, sondern die austretenden Dämpfe. Gelöscht wird keinesfalls mit Wasser, sondern mit einer Löschdecke oder mit Schaumlöschern. Wird einmal das Fett (Brandklasse F) in der Pfanne zu heiß, sollte man das Feuer mit dem Deckel der Pfanne ersticken.
Brände von Erdgas, Wasserstoff oder Methan (Brandklasse C) kann man weder mit Wasser noch mit Schaumlöschern löschen; hier muss die Gaszufuhr unterbrochen werden und ein ABC-Feuerlöscher zum Einsatz kommen. Stoffe der Brandklasse D wie Magnesium, Natrium und Aluminium brennen bei Temperaturen von über 1000°C und werden mit trockenem Sand oder Metallbrandpulver gelöscht.
3:58 Uhr. Beim Verlassen des brennenden Hauses konnte sich der Vater gerade noch das Mobiltelefon schnappen und einige Türen im Wohnhaus schließen, um eine mögliche Brandausbreitung zu verhindern. Im Freien wählt er sofort die 122 und wird mit der zuständigen Leitstelle verbunden.
4:01 Uhr. Unmittelbar nach dem Anruf alarmiert der Diensthabende in der Leitstelle die Helfer der zuständigen Freiwilligen Feuerwehr.
Die Alarmierung findet entweder über Ortssirenen statt oder über digitale oder analoge Pager (Funkmeldeempfänger), die die Einsatzmeldung an die einzelnen Helfer übertragen. Der größte Teil der aktiven Feuerwehrleute in Österreich sind Freiwillige. Im Jahr 2010 waren es insgesamt 241.000, die zu 203.000 Einsätzen gerufen wurden. Nur 16 Prozent der Alarmierungen waren tatsächliche Brände; 9 Prozent waren Fehlalarmierungen, wobei davon über die Hälfte Fehl- bzw. Täuschungsalarme waren und ein Großteil falsch ausgelöste automatische Brandmeldeanlagen, weiß Wolfgang Steinkellner, Geschäftsführer der Prüfstelle für Brandschutztechnik des österreichischen Bundesfeuerwehrverbandes.
4:02 Uhr. Bei den Helfern der Freiwilligen Feuerwehr beginnen die Funkmeldeempfänger zu piepsen. Auch Peter wird dadurch aus dem Schlaf gerissen. Die Meldung der Leitstelle: „Alarm für die Freiwillige Feuerwehr ... Zimmerbrand in einem Einfamilienhaus in der Hauptstraße 56a, keine Personen im Haus.” Peter tastet nach dem Lichtschalter, streift sich seine Kleidung über und eilt zum örtlichen Feuerwehrhaus.
4:06 Uhr. Dort zieht er sich seine persönliche Schutzausrüstung über: Sicherheitsstiefel, -hose, -jacke, Handschuhe und Helm. Seine Kameraden öffnen bereits die Rolltore der Fahrzeughallen und der Motorenlärm der Feuerwehrfahrzeuge lässt einen das eigene Wort kaum verstehen. Peter wird für das Tanklöschfahrzeug eingeteilt, in dem sich ein Wassertank mit einem Fassungsvermögen von mehreren tausend Litern befindet, aber auch Atemschutzgeräte.
An Träger von Atemschutzgeräten werden besonders hohe Anforderungen gestellt. Hierfür gibt es eine eigene Ausbildung und eine regelmäßige Untersuchung der körperlichen Belastbarkeit. Ein Atemschutzgerät besteht aus einer dicht schließenden Maske sowie einer rund 10 Kilogramm schweren Pressluftflasche, welche Atemluft für mindestens 30 Minuten enthält. Es ist aber nicht nur körperliche Fitness erforderlich, um dieses Gewicht zu tragen, sondern der Feuerwehrmann muss zudem noch in der Lage sein, bei geringer oder keiner Sicht in raucherfüllten Räumen Ruhe und Übersicht zu bewahren.
4:10 Uhr. An der Einsatzstelle angekommen, erteilt die Einsatzleitung den Befehl für das weitere Vorgehen. „Angriffstrupp zur Brandbekämpfung über die Terrasse vor.” Auch der Wassertrupp und der Schlauchtrupp erhalten ihre Aufgaben. Wichtig ist, dass keiner eigenmächtig handelt und damit seine Kameraden in Gefahr bringt. Die Einsatzleitung hat die Verantwortung. Zur Sicherheit treffen weitere alarmierte Feuerwehren aus den umliegenden Orten ein. Zügig beginnt der Wassertrupp, die Schläuche zu einem nahegelegenen Hydranten auszurollen. Der Schlauchtrupp kümmert sich um die Auslegung der Schläuche bis hin zum Angriffstrupp.
4:14 Uhr. Sobald alles aufgebaut ist, schließen Peter und ein Kamerad am Schlauchende ein Strahlrohr an, über das die Durchflussmenge des Löschwassers bestimmt werden kann. Jetzt wird der Befehl „Wasser marsch!” erteilt. Lautes Geheul von Stromgeneratoren zur Lichterzeugung, von arbeitenden Wasserpumpen und laufenden Motoren der schweren Feuerwehrfahrzeuge durchdringt die Straße. Nach einer halben Stunde ist die Brandbekämpfung erfolgreich beendet. Erschöpfte und dennoch erleichterte Menschen beginnen mit den Aufräumarbeiten ...
Gleichwohl Peter fiktiv ist, steht er stellvertretend für die Freiwilligen Feuerwehrmänner und -frauen vom Bodensee bis zum Neusiedlersee. „Das Feuer brennt überall gleich! 24 Stunden am Tag 365 Tage im Jahr.”
Feuerwehrinteressiert.
Nähere Informationen für Interessierte, die sich freiwillig engagieren möchten, gibt es bei den örtlichen Freiwilligen Feuerwehren. Ansprechpartner findet man bei regelmäßigen Übungsabenden.
Jugendliche können in der Regel ab ihrem 12. Lebensjahr der Jugendgruppe einer Feuerwehr beitreten.
Webtipp: www.bundesfeuerwehrverband.at