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Was ungewollt Schwangeren wirklich hilft

Von Pamela Huck

Gastkommentare
Pamela Huck ist Mutter und Gründungsmitglied von Pro Choice Austria - Plattform für freien Schwangerschaftsabbruch (www.prochoiceaustria.at).
© Pro Choice Austria

Für wahre Selbstbestimmung braucht es weniger Einschränkungen, nicht mehr.


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Am 1. Jänner 2025 wird die Fristenregelung 50 Jahre alt, und noch immer werden Vorurteile, Falschmeldungen und Klischees über den Schwangerschaftsabbruch verbreitet - zuletzt in einem Gastkommentar, an dieser Stelle, in dem es hieß, er sei "in den meisten Fällen keine ‚selbstbestimmte‘, sondern eine erzwungene Entscheidung", unter der Betroffene "jahrelang leiden" würden.

In der Tat stehen ungewollt Schwangere in Österreich vor einer Reihe von Problemen, die ihre Entscheidungsfreiheit einschränken und ihrer psychischen Gesundheit schaden. Das beginnt bei den hohen Kosten von 300 bis 900 Euro für einen Abbruch und reicht über die Schwierigkeit, in Wohnortnähe überhaupt eine Ordination oder Klinik zu finden, die Abbrüche durchführt, bis hin zur massiven gesellschaftlichen Tabuisierung und Stigmatisierung, die Scham und Schuldgefühle auslösen, auch wenn die Entscheidung ohne inneren Konflikt getroffen wurde.

All diese Tatsachen sind bekannt und belegt. Nicht belegt ist hingegen die Behauptung, dass der Abbruch überwiegend erzwungen würde. Im Gegenteil: Vereine, die ungewollt Schwangere unterstützen, berichten immer wieder von Betroffenen, die ihrem Umfeld den Abbruch verheimlichen und für die Korrespondenz im Vorfeld sogar anonyme E-Mail-Adressen anlegen. Die Durchführung eines Schwangerschaftsabbruchs gegen den Willen der Betroffenen wäre zudem eine Straftat (Paragraf 98 Strafgesetzbuch - es drohen bis zu 3 Jahre Haft) und widerspräche dem ärztlichen Berufsethos.

Die Behauptung des erzwungenen Abbruchs passt allerdings zur neuen Strategie der Anti-Choice-Bewegung: Nachdem es gesellschaftlich derzeit nicht akzeptiert ist, Betroffene als "Mörderin" zu beschimpfen, wird nun ihre Entscheidungsfähigkeit in Zweifel gezogen, und sie werden als hilflose Opfer von Männern und/oder einer imaginierten Abtreibungslobby ("Big Abortion") dargestellt. Im nächsten Schritt wird dann oft versucht, unter dem Vorwand, "Frauen helfen" zu wollen, weitere Einschränkungen zu erreichen, etwa eine Pflicht zur Beratung durch Dritte oder eine verpflichtende Wartefrist. Beides widerspricht der ausdrücklichen Empfehlung der WHO, unnötige Hürden vor einem Schwangerschaftsabbruch abzubauen.

Für eine aufgeklärte, liberale, menschenrechtsbasierte Gesellschaft gibt es bei diesem Thema nur eine vertretbare Position: Pro Choice. Jede Frau muss frei entscheiden können, ob überhaupt und wenn ja, wann und wie viele Kinder sie bekommen will.

Dafür braucht es evidenzbasierte Sexualerziehung, gut verfügbare, günstige Verhütungsmittel sowie flächendeckende medizinische Versorgung durch das öffentliche Gesundheitssystem in allen Phasen der reproduktiven Biografie: Schwangerschaft, Schwangerschaftsabbruch, Fehlgeburt, Geburt und Wochenbett. Was es nicht braucht: Falschinformationen, die Angst machen, dass man eine überlegt getroffene Entscheidung später doch noch bereuen würde, oder rechtliche Einmischung in die individuelle Lebensplanung. Für wahre Selbstbestimmung braucht es weniger Einschränkungen, nicht mehr.

Die Initiative "Changes for Women" unterstützen bei den Kosten für einen Schwangerschaftsabbruch:

www.changes-for-women.org

"Ciocia Wienia" ermöglicht Schwangeren aus Polen, der Ukraine und anderswo einen Abbruch in Österreich: https://ciociawienia.net