Lektionen für die transatlantischen Beziehungen und die Medien.
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Noch einmal Donald Trump. Aus Notwendigkeit, weil diese Präsidentschaft, vor allem aber der vom US-Präsidenten befeuerte Sturm auf den Kongress, zur Auseinandersetzung zwingt.
In gebotener Zeit, nach seinem Ausscheiden aus dem Amt, ereilt ihn vielleicht die damnatio memoriae, die Tilgung seines Namens aus dem öffentlichen Gedächtnis, mit der man in der Antike (und in der ehemaligen Sowjetunion und dem heutigen Nordkorea) jede Erinnerung an Usurpatoren oder Verbrecher auszulöschen versuchte. Aber das ist hochgradig unwahrscheinlich, sehr viel eher werden schon demnächst zahllose Fiction-Dokus über die Frauen, Friseure, Architekten, Haustiere und sonstigen Leidenschaften Trumps produziert werden.
Im Hier und Heute zählen die konkreten Folgen der Politik Trumps. Manche davon überraschen. Die Erschütterung, mit der in Europa die Ereignisse in Washington verfolgt werden, ist weniger das Zeichen einer transatlantischen Entfremdung als vielmehr ein Beleg für die nach wie vor tiefe Verbundenheit und die enorme Bedeutung der Beziehungen über den Atlantik hinweg. Nur mit dem Stellenwert der USA für Europa ist dieser ehrliche Schock angesichts der Bilder und Berichte erklärbar.
Allerdings ändert sich der Charakter dieser Verbindung. Die USA wissen nun um die Zerbrechlichkeit ihrer Demokratie aus eigener Anschauung, das bringt die Alte Welt erstmals seit 1945 wieder zurück auf Augenhöhe mit der Neuen Welt.
Die Eliten wie die Bürger der USA machen jetzt die wertvolle Erfahrung, wie wichtig es sein kann, über einen kritischen Partner zu verfügen, mit dem man über ein gemeinsames Wertefundament - Demokratie, Rechtsstaat und eine Marktwirtschaft, die einmal mehr, einmal weniger sozial abgefedert ist - verbunden ist. Zumal jene Länder, die sich zu diesen Werten bekennen, zuletzt eher weniger wurden als mehr.
Auch dieses Wissen um die eigene Gefährdung schweißt zusammen. Demokratien brauchen einander mehr denn je als kritische externe Beobachter von Entwicklungen im eigenen Haus. Nicht immer, aber eben manchmal doch hilft der nüchterne Blick von außen, um Fehlentwicklungen rechtzeitig zu erkennen.
Bleibt die Frage, welche Lektionen sich für die etablierten Medien aus dem Phänomen Trump ergeben. Trumps Erfolg wurde erleichtert, weil zu viele Menschen ihre Interessen in der öffentlichen Debatte nicht oder nur marginalisiert wiederfanden. Dagegen gilt es anzuarbeiten. Dem Noch-Präsidenten ist es zudem gelungen, die Schlagzeilen-Logik Click-höriger Medien für sich zu nutzen. Die wichtigste Lektion ist aber: Mächtige Politiker muss man ernst nehmen, auch wenn sie als Clowns erscheinen.