Europa richtet sich nach Amerika. | PhD ersetzt in den USA die Habilitation. | Wien. Im anglo-amerikanischen Raum ist der PhD (Philosophiae Doctor) der Standardabschluss für ein Forschungsdoktorat. Er gilt als Nachweis für wissenschaftliche Kompetenz und Erfahrung im Forschungsbereich und genügt neben den wissenschaftlichen Publikationen für eine Professur. Auf Habilitationen wird in den USA verzichtet.
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Es gibt unterschiedliche Meinungen, ob das europäische Doktoratsstudium dem amerikanischen PhD-Studium gleichwertig ist. Faktum ist: Kontinentaleuropa bewegt sich auf das amerikanische Modell zu: Der Bologna-Prozess, dem sich die meisten europäischen Unis angeschlossen haben, sieht ein dreijähriges PhD-Studium vor.
Um künftig Doktoranden stärker an Uni und Forschung einzubinden, sind auch mehrere Doktorandenkollegs geplant. Freilich ist zur Zeit noch viel im Fluss. Die Unis stecken gerade in einer Umstellphase. Über die jeweilige Gestaltung des PhD-Studiums entscheidet jede Uni autonom. PhD-Programme an allen Europäischen Unis sind zur Zeit noch Zukunftsmusik.
Österreich: Erster Schritt mit UG 2002
In Österreich wurde der erste Schritt mit dem Unigesetz (UG) 2002 getan, das die Einführung eines PhD-Studiums von mindestens vier Jahren an heimischen Unis ermöglichte. Einige werteten dies als Schnellschuss des Gesetzgebers, da damit über Nacht de facto das "normale" Doktorat abgewertet wurde. Lediglich drei Unis führten in der Folge ein PhD-Studium ein, nämlich die Medizinuni, sowie die Wirtschafts- und die Hauptuni in Wien, die jetzt beide ein PhD-Studium in Finance anbieten.
Im März 2006 kam es zu einer Novelle des UG: Spätestens ab 2010 werden alle österreichischen Unis nur mehr dreijährige Doktoratsstudien anbieten. Welchen Titel die Absolventen am Ende erwartet, ob Doktor oder PhD, bleibt den Unis selbst überlassen. Ist diese Bezeichnung am Ende nur eine Formalität?
Aus dem UG geht ein Unterschied zwischen Doktor und PhD nicht mehr hervor. Stefan Pichler, Professor an der Wiener Wirtschaftsuni und zuständig für das PhD-Studium für Finanzwissenschaft, hielte es aber für fatal, wenn eine Uni einen dem bisherigen Doktorat gleichwertigen Abschluss künftig als PhD bezeichnen würde. "Das Doktorat wurde vielfach berufsbegleitend, aus reinen Prestigegründen, erworben. Beim PhD ist man hingegen in die Forschung eingebunden. In wissenschaftlicher Hinsicht ist der PhD sicher höherwertig."
Landesliga oder
Champions League?
Österreich würde vor allem international seinem Ruf schaden, wenn es PhDs vergäbe, ohne die nötige wissenschaftliche Qualifikation vorauszusetzen, was nach österreichischem Gesetz möglich wäre. Pichler bezweifelt aber, ob das den europaweiten Normen des Bolognaprozesses entspricht. "Es macht einen Unterschied, ob wir in der Landesliga spielen oder in der Champions League."
Der Vizerektor der Medizinuni, Rudolf Mallinger, sieht das etwas gelassener. "Ich denke, die Doktoratsstudien werden künftig mehr anwendungsorientiert sein. Entscheidend ist, dass es in Europa eine einheitliche Regelung geben wird." Ob der Studienabschluss Doktor oder PhD heiße, sei irrelevant. Im Hinblick auf das internationale Ansehen favorisiert aber auch Mallinger den PhD.