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Was wir von der Streif 1969 lernen

Von Christian Mayr

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"Heute mit der modernen Pistenpräparierung machen wir aus den Abfahrtsstrecken reine geglättete Tempobahnen. Es sollten wieder die natürlichen Schwierigkeiten zum Vorschein kommen, sonst führt das den Abfahrtssport ad absurdum." - "Abfahrtslauf ist eine Charakterfrage. Ein Autorennfahrer kann nicht mit 200 km/h in eine Kurve gehen, die er nur mit 90 km/h fahren kann." Zwei Streiflichter aus Kitzbühel, wo am Wochenende wieder die Hahnenkammabfahrt - und damit nicht nur das bedeutendste, sondern auch gefährlichste Weltcuprennen - auf dem Programm steht. Allerdings stammen die Zitate nicht von 2018, sondern tatsächlich aus dem Jahr 1969, als der ORF zu einer Diskussion im Tiroler Nobelskiort lud. Die nun in der Dokumentation "Die Ski-Klassiker in Kitzbühel" wieder ausgestrahlten Passagen sind nicht etwa deshalb hochinteressant, weil sich der Ski-Rennsport in gut 50 Jahren (vorgeblich) nicht weiterentwickelt hat, sondern die Grundfragen des Sports weiter brandaktuell sind. So gibt es erst seit kurzem wieder die Bestrebung, die Läufer mit (künstlichen) Wellen zu mehr Tempokontrolle zu bewegen, auf dass sie selber wieder die enorme Geschwindigkeit zu verarbeiten lernen. Und das Zitat von Toni Sailer erinnert an die Selbstverantwortung eines jeden Läufers, eben nur so viel zu riskieren, wie es für die eigene Gesundheit zu vertreten ist. Auf der Streif ist das immer eine Gratwanderung, weil meist nur der gewinnt, der mehr zu riskieren bereit ist, als die anderen. Die Sturzorgie anno 2016, als den Spitzenfahrern eine Welle am Hausberg zu Verhängnis wurde, mahnt alle, es ja nicht zu übertreiben. "Sieg oder Akia", hat Olympiasieger Patrick Ortlieb einst als Devise ausgegeben. Oder beides. 1994 gab es für ihn den Sieg, 1999 den Akia und das Karriereende.