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Was wir von Schweden lernen können

Von Barbara Kolm

Gastkommentare
Barbara Kolm.
© Ignasi Bolto

Das frühere Hochsteuerland verzeichnet nun durch gesenkte Steuersätze höhere Einnahmen. Geschulte Ökonomen überrascht das nicht.


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Seit 2000 ist der Anteil der Steuern am BIP in Schweden von 50 auf 44 Prozent gesunken. Dennoch stiegen im selben Zeitraum die Steuereinnahmen (inflationsbereinigt) um umgerechnet 28,5 Milliarden Euro. Unter Berücksichtigung des Bevölkerungsanstiegs bleibt die Grundaussage bestehen: Der schwedische Staat verzeichnet durch gesenkte Steuersätze höhere Einnahmen. Das mag manche erstaunen, geschulte Ökonomen überrascht es aber nicht. Laut dem US-Ökonomen Arthur B. Laffer führen steigende Steuersätze nur bis zu einer gewissen Höhe zu höheren Staatseinnahmen. Sprich: Steuererhöhungen ziehen keine nennenswerten Einnahmesteigerungen nach sich. Im Gegenteil: Einnahmenrückgänge wären zu erwarten. Laffer erklärt das mit dem sogenannten Steuerwiderstand, der sich ab einer gewissen Höhe notgedrungen in der Bevölkerung breitmacht.

Dass sich Steuererleichterungen in Schweden positiv auf die Staatsfinanzen auswirkten, zeigt, dass die Steuersätze in vielen Staaten tatsächlich zu hoch sind. Die Kombination aus Reduktion der Steuersätze (nicht durch neue Staatsschulden gegenfinanziert, im Gegenteil gingen diese zurück) einerseits und Mehrausgaben für Gesundheitssystem, Bildung und Sozialstaat andererseits ist ein schwedisches Unikum. Dennoch wurde diese Politik - nicht zuletzt aufgrund der hohen Jugendarbeitslosigkeit und der polarisierenden Wahlkampfschlagworte "Wohlfahrt oder Immigration" - vom Wähler kritisch hinterfragt. Sowohl das zuletzt siegreiche Bündnis von Sozialdemokraten, Grünen und Linken als auch die ehemalige Mitte-Rechts-Koalition hatten eine weitere Reduktion der Steuersätze nicht auf ihrer Agenda. Für die langfristige Entwicklung der schwedischen Volkswirtschaft wird dies negative Folgen haben.

Nur weil Schweden Vermögens-, Erbschafts- und Schenkungssteuer abgeschafft und Steuern auf Pensionen, Lohneinkommen, Sozialversicherungsabgaben, Körperschaftssteuer und vieles mehr reduziert hat, ist es kein Musterland niedriger Besteuerung. Es gab auch Steuererhöhungen: auf Alkohol, Tabak, Energie und CO2. Schweden bleibt auch weiter eines jener Länder mit einem der höchsten Steueranteile am BIP weltweit (mehr als zehn Prozentpunkte über dem OECD- Schnitt). Dennoch sollte sich Österreich ein Beispiel nehmen. Erstmals weist es mit 52,4 Prozent des BIP eine höhere Gesamtsteuerbelastung als Schweden auf und liegt ganz klar im europäischen Spitzenfeld, gleichauf mit Belgien und Italien, nur Frankreich liegt noch davor.

Die Reduktion der Steuersätze in Schweden hat dem Land viel Gutes gebracht. Die politischen Implikationen sind klar: Steuerbelastungen jenseits der 50 Prozent sind nicht nur langfristig unhaltbar, sondern kosten den Staat auch mehr Geld, als sie einbringen. Österreichs künftige Steuerpolitik muss darauf abzielen, die Bürger zu entlasten statt noch mehr zu belasten, damit der finanzielle Spielraum der Regierung wächst und die richtigen Anreize für eine langfristige positive Entwicklung der Wirtschaft geschaffen werden.

Halbherzige Diskussionen über geringfügige Steuererleichterungen sind zu wenig. Ein tiefgreifender, nachhaltiger Umbau des Steuersystems ist nötig, um eine substanzielle Reduktion der Steuerbelastung aller Bürger zu erreichen.