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So um diese Zeit wäre es losgegangen. Das Jazz Fest Wien hätte seine (meist) immer gleichen Zugpferde beworben, und Anfang Juli hätten die dann die Staatsoper bespielt. Darunter wäre zumindest ein US-Jazzer gewesen (vornehmlich Bobby McFerrin), ein paar Entertainer mit mehr oder weniger Jazznähe (Jamie Cullum und/oder Chilly Gonzales) und zumindest ein globaler Popstar (wurscht wer, Hauptsache, er ist grad auf Tour und füllt die Halle). Und: Wie in jedem Jahr wären diese Attraktionen durch ein Sammelsurium rot-weiß-roter Künstlerauftritte garniert worden. Soll nur keiner sagen, ein städtisch gefördertes Festival missachte Wiens Künstler!
Doch eigentlich geschieht genau das seit mehr als zwei Jahren. Seit 2020 wird das Festival alljährlich abgesagt, angeblich wegen Corona. Gut, die Streichung im ersten Pandemiejahr war noch verständlich. Bis 2021 wäre aber ein Comeback in adaptierter Form denkbar gewesen, gerade bei einer Terminreihe im virusarmen Sommer. Doch erneut die Absage. Und nun wieder. Und das, obwohl etliche Jazzfestivals längst zurück sind: London sah im Herbst 2021 ein Spektakel; auch in Saalfelden, Nickelsdorf wieder Normalbetrieb.
Sehen wir den Tatsachen ins Auge: Während Wien vor Jazztalenten platzt, ist das Jazz Fest Wien entweder unwillig oder unfähig, einer ohnehin nicht gerade gagenverwöhnten Szene ein Podium zu verschaffen. Stattdessen beharrt man offenbar auf einer Star-fixierten Programmpolitik, die seit Jahren an der Realität vorbeiläuft. Man kann dies Renitenz nennen. Oder schlicht eine Verhöhnung.