Analyse einer Präsidentschaft Hillary Clintons.
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Washington. Hillary Clinton will Präsidentin werden. Doch wie würde sich die Politik der USA ändern, sollte sie tatsächlich die erste Präsidentin in der Geschichte des Landes werden? Wirtschaftlich, so denken viele Experten, nicht viel. Denn Barack Obama und Clinton kommen auf diesem Gebiet aus mehr oder weniger dem gleichen Lager. Viele von Obamas wirtschaftlichen Beratern dienten bereits unter Clintons Ehemann, Ex-Präsident Bill Clinton - unter ihnen beispielsweise Ex-Finanzminister Lawrence H. Summers oder der Berater im Weißen Haus, Jason Furman.
Das fiel bereits im Vorwahlkampf 2008 auf, als die Unterschiede bei den wirtschaftlichen Strategien zwischen Clinton und Obama eher technischer als grundsätzlicher Natur waren. Allerdings hat Clinton nun einen besonderen Fokus auf die Mittelklasse gelegt, die sich derzeit ein wenig vernachlässigt fühlt. Die 67-Jährige erklärte, für die Durchschnittsamerikaner kämpfen zu wollen. "Normale Amerikaner brauchen eine Vorkämpferin. Ich möchte diese Vorkämpferin sein", sagte sie.
Clinton kündigte am Sonntag an, sich gegen die soziale Ungleichheit in den USA einsetzen zu wollen. "Die Amerikaner haben sich aus schwierigen wirtschaftlichen Zeiten zurückgekämpft", sagte sie. Doch Spitzenverdiener würden weiter bevorzugt. Eine Reichensteuer liegt also in der Luft, sollte Clinton Präsidentin werden.
Gleichzeitig wird Clinton - so wie Obama auch - von der Wall Street gestützt, die sich im Gegenzug wohl eine entsprechend freundliche Politik für die Finanzwelt erwarten wird. Das könnte sich allerdings streckenweise als schwer erweisen, da der liberale Flügel der Demokraten hier im Gegenteil nach stärkerer Regulierung ruft. Und auch Clinton gilt als jemand, der glaubt, dass die Märkte am besten funktionieren, wenn sie reguliert werden. Weiterer heikler und unter Demokraten prominenter Punkt: die Wiedereinführung der Trennung von Investmentbanken und Geschäftsbanken, die Bill Clinton 1999 als Präsident aufgehoben hatte.
Innenpolitisch konstant
Ein weiterer großer Spendengeber Clintons ist Silicon Valley. Die IT- und Hightechindustrie hat bereits Obama unterstützt, war jedoch zuletzt auf den Präsidenten nicht gut zu sprechen. Die Affären um die Enthüllungen von Edward Snowden und Julian Assange sowie die immer neuen Forderungen der US-Sicherheitsbehörden nach noch ausgedehnteren Zugriffsrechten haben das Verhältnis schwer belastet. Silicon Valley wird hier von Clinton Zugeständnisse fordern und ihre Empörung über das Abhören der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel durch den US-Geheimdienst weist wohl in diese Richtung.
Auch innenpolitisch sind keine großen Änderungen zu Obama zu erwarten. Clinton würde mit ziemlicher Sicherheit an Obamas umstrittener Gesundheitsreform festhalten. Immerhin hatte auch ihr Mann, Bill Clinton, seinerzeit versucht, eine solche auf den Weg zu bringen, war daran jedoch gescheitert. Leiterin der Task-Force Gesundheit war damals übrigens die First Lady, Hillary Clinton, selbst.
Beim Thema Klimawandel könnte Clinton denselben Weg wie Obama beschreiten, dies allerdings energischer. Sie erklärte, dass dieser Punkt das "folgenschwerste, dringendste und weitreichendste" Problem sei, mit dem die Welt konfrontiert ist. Sie versprach alle respektiven Gesetze Obamas (etwa Emissionsgrenzen) verteidigen zu wollen - "koste es, was es wolle". So wie Obama ist auch sie eine Anhängerin neuer Energien, hat sich bisher allerdings, was die aus Umweltverträglichkeitsgründen umstrittene Rohölpipeline Keystone XL auffällig ruhig verhalten.
Obamas Ziel, elf Millionen illegalen Einwanderern die Möglichkeit zu öffnen, amerikanische Staatsbürger zu werden, wird Clinton sicherlich weiterverfolgen. Zusätzlich könnte sie die Visaquoten für Facharbeiter erhöhen. Das hatte sie bereits bei ihrer Bewerbung 2008 angeführt. Zwei Mal wurden diese Quoten übrigens bereits kurzfristig angehoben - beide Male von Bill Clinton in den 90er Jahren.
Divergenz in Außenpolitik
Die große Divergenz zwischen Obama und Clinton ist in der Außenpolitik auszumachen. Hier wird Clinton im Gegensatz zu Obama zu den Falken und Hardlinern gerechnet: Sie stimmte 2003 für den Irak-Krieg, wollte als Außenministerin im Gegensatz zu Obama syrische Rebellen mit Waffen ausrüsten und hielt während des Arabischen Frühlings dem langjährigen US-Verbündeten Präsident Hosni Mubarak die Stange, bevor sie von Obama zurückgepfiffen wurde. Im Atomstreit mit Teheran erklärte Clinton: "Ich traue dem Iran nicht." Manch einer hält sogar Waffenlieferungen an die Ukraine unter Clinton für möglich. Jedenfalls würde sie eine härtere außenpolitische Linie fahren.